Mehr als 1000 Menschen pro Monat muss das Landratsamt zurzeit angemessen unterbringen. Dabei sind vermietete Privatwohnungen ein kleiner, aber wichtiger Baustein. Doch manchmal mahlen die Mühlen der Bürokratie eher langsam.

Schwieberdingen - Susanne Schmechel atmet auf: „Jetzt ist es doch zu einem guten Ende gekommen“, sagt sie. Seit Montag wohnt eine Flüchtlingsfamilie aus dem Iran in Schmechels Haus in Schwieberdingen, seit Montag ist auch der Mietvertrag unterschrieben. Die bisher nur geduldete Familie – Vater, Mutter, Baby – ist seit zwei Jahren in Deutschland und wohnt jetzt im Stockwerk über den Schmechels. Das Miteinander sei gut, die Familie sei dankbar, in einer richtigen Wohnung zu leben, sagt Schmechel. „Sie fühlen sich sehr wohl.“

 

Das zu erreichen hat Susanne Schmechel viel Zeit und etliche Nerven gekostet. Vor allem beim Landratsamt in Ludwigsburg und dem zuständigen Fachbereich Asylbewerber und Aussiedler habe sie sehr oft anklopfen müssen und nicht selten widersprüchliche Angaben erhalten. Stellenweise habe man dort auch nach wochenlanger Bearbeitung nichts von ihrem Wohnungsangebot gewusst. „Da war keine Koordination zu erkennen“, sagt Susanne Schmechel.

Im Juni beschließen Schmechels, an Flüchtlinge zu vermieten

Die Geschichte beginnt im Juni. Die Schmechels beschließen, das obere Geschoss ihres Hauses an Flüchtlinge zu vermieten. „Ich hatte das Gefühl, dass wir etwas zur Verbesserung der Lage beitragen können“, sagt Susanne Schmechel, die im Schwieberdinger Freundeskreis Asyl aktiv ist. Eine Person sollte in der Wohnung – zwei Zimmer, Küche, Bad – untergebracht werden. Das sei dem Landratsamt zu groß gewesen, man verwies sie an die Gemeinde Schwieberdingen, die für die Anschlussunterbringung zuständig ist. Ende Juni unterzeichnete Schmechel den Mietvertrag – der noch nicht von der Gemeinde gegengezeichnet wurde, weil keine Familie in Aussicht war, die einziehen wollte.

Anfang Juli nahm eine Mitarbeiterin des Landratsamts die Wohnung ab. Die Ordnungsamtsleiterin Schwieberdingens, Carmen Hirsch, bestätigt, dass sie den Vertrag zur Prüfung ans Landratsamt übermittelt habe. Denn auch, wenn die Gemeinde für die Unterbringung zuständig ist – bezahlt und genehmigt wird sie immer noch vom Landkreis.

Ende August „ging das Drama los“

Ende August fand sich eine Familie, die in die Wohnung einziehen wollte. „Dann ging das Drama erst richtig los“, erzählt Schmechel. Von einer Vermietung Anfang September, wie ursprünglich geplant, war da längst keine Rede mehr. Im Landratsamt nannte man ihr den 23. Dezember als möglichen Einzugstermin, früher gehe es wegen der Arbeitsbelastung nicht. „Da blieb mir die Spucke weg“, sagt Schmechel. Sie telefonierte weiter mit Mitarbeitern des Fachbereichs Asyl. „Im Laufe der Wochen habe ich mit so vielen zuständigen Mitarbeitern telefoniert, dass es mir ganz schwindlig wird.“

Mal hieß es, man sei an der Sache dran, mal, man wisse nichts von der Wohnung. „Das war für mich der Höhepunkt: Die iranische Familie sitzt auf ihren Koffern und mir sagt man, man wisse nichts von der Wohnung.“ Schmechel kann nicht verstehen, warum man im Landratsamt die Wohnung nicht einfach „durchwinkt“. „Ich weiß, dass die Mitarbeiter total überlastet sind, aber man muss sich doch nicht noch zusätzliche Arbeit machen“, findet sie.

Landratsamt: Schmechel hat Familien abgelehnt

Das Landratsamt äußert sich zuerst dürftig: Der betreffende Mitarbeiter sei zwar für die Anschlussunterbringung zuständig, aber nicht für die Vermietung – insofern könne er auch nichts von der Wohnung wissen. Auf Nachfrage meldet sich auch Gerhard Klomfass, der Asyl-Fachbereichsleiter. Die Verzögerung habe sich auch dadurch ergeben, dass Susanne Schmechel mehrere in Frage kommende Familien abgelehnt habe.

Das Okay für die iranische Familie habe es erst Ende September, nicht schon Ende August gegeben. Generell betrage die Bearbeitungszeit für eine Anschlussunterbringung von Flüchtlingen „drei bis vier Wochen“, sagt Gerhard Klomfass.

Schmechel würde sich wieder so entscheiden

In Schwieberdingen will man Schmechels Eindruck eines unkoordinierten Vorgehens von Seiten des Landratsamts ebenfalls „nicht teilen“, sagt die Ordnungsamtsleiterin Carmen Hirsch. Die Flüchtlingssituation sei für alle neu, insofern sei „von jeder Seite Flexibilität gefragt“, sagt sie. Es gebe zig Anfragen, das koste Zeit.

Trotz der von ihr geschilderten Widrigkeiten würde Susanne Schmechel erneut an Flüchtlinge vermieten. „Es hat sich gelohnt, dass ich drangeblieben bin“, sagt sie. Sie hofft, dass ihre weniger erbaulichen Erlebnisse aber wenigstens helfen, dass in Zukunft die Kommunikation zwischen Behörden und Vermietern besser laufe.