Die Zahl der Kunden in den Tafelläden im Kreis Ludwigsburg steigt stetig, aber die Lebensmittel werden nicht mehr. In Vaihingen/Enz müssen Reis und Nudeln rationiert werden.

Kreis Ludwigsburg - Die Mitarbeiter in den Tafeln sind es gewohnt, dass sowohl die Zahl der Kunden als auch die Menge der Lebensmittel immer wieder starken Schwankungen unterliegen. Doch seit mehr als einem Jahr steigt die Nachfrage nach kostengünstigem Brot, Gemüse oder Joghurt stetig an – vor allem wegen der Flüchtlinge. Die Lieferungen aus den Supermärkten aber sind in der Zeit nicht größer geworden. In Vaihingen/Enz werden deshalb Reis und Nudeln schon rationiert. Aus allen Tafeln ist zu hören: Wir brauchen mehr ehrenamtliche Helfer und mehr Lebensmittelspenden.

 

Verlängerte Öffnungszeiten

Die Nachfrage bei der Ludwigstafel ist in diesem Jahr so stark angestiegen, dass 200 zusätzliche Kundenkarten ausgestellt werden mussten; insgesamt sind es damit 1100. 950 davon besuchen regelmäßig die Hauptstelle an der Lindenstraße, die übrigen kommen in die Filialen in Kornwestheim und Eglosheim. In Vaihingen/Enz hat sich die Zahl der Berechtigten sogar verdoppelt, auf nun 600. In Bietigheim-Bissingen fehlen noch die Vergleichszahlen, aber hier kommen pro Öffnungstag bis zu 100 Personen, sagt die Ladenleiterin Ingrid Brandl. Das sei ein Anstieg, den die Tafel nur noch mit verlängerten Ladenzeiten meistern könne. Sie sollen von Oktober an gelten. „Auch wenn sich schon sehr viele Bürger gemeldet haben, um bei der Ausgabe von Lebensmitteln zu helfen, es sind noch nicht genug“, sagt Brandl.

In Vaihingen, wo die Öffnungszeiten schon im Vorjahr ausgedehnt wurden, müssen zeitweise bestimmte Lebensmittel rationiert werden. „Aus manchen Regalen können wir oft pro Person nur noch eine Einheit abgeben“, sagt Michael Marek, der Geschäftsführer der Diakonischen Bezirksstelle Vaihingen. Wenn sich die Situation weiter verschärfe, dürften die Kunden wohl bald nur noch einmal pro Woche in der Vaihinger Tafel einkaufen. „Die Rationierung wird schon jetzt von vielen als Ungerechtigkeit erlebt. Aber die Lebensmittel werden einfach nicht mehr.“

Zumal viele Discounter ihre Logistik perfektioniert haben und die Konservierung so weit fortgeschritten ist, dass Gemüse, das bisher nach fünf Tagen aussortiert werden musste, nun viel länger haltbar ist, meint Marek. Dazu komme, dass immer mehr Supermärkte eigene Truhen einrichten, in denen sie selbst Lebensmittel knapp vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum billiger verkauften, ergänzt Anne Schneider-Müller, die Geschäftsführerin der Ludwigstafel. Das alles geht den Tafeln ab.

Bürger mit Arabisch-Kenntnissen gesucht

Die gemeinnützigen Einrichtungen versuchen es deshalb vermehrt mit Kampagnen, um an Spenden zu kommen: mit Tafelboxen, Tauschaktionen der Konfirmanden, einem Stand am Markplatzfest wie in Vaihingen oder durch Vorträge in Schulen, wie es die Ludwigsburger machen. „Wenn pro Klasse jedes Kind nur eine Konserve mitbringt, kommt schon viel zusammen“, sagt Schneider-Müller. „Natürlich kann man solche Aktionen nicht dauerbeatmen“, sagt Marek. „Für uns sind die Bauern im Umland wichtig.“ Ohne deren Unterstützung blieben die Regale manchmal leer. Allen Tafelläden wird zwar das bevorstehende Erntedankfest zugute kommen. Traditionell können sie dabei auf Früchte und Gemüse von Kirchengemeinden hoffen. Doch das hält nur begrenzt vor.

Da sich immer mehr Flüchtlinge aus Syrien in die Reihen der Tafelkunden einreihen, mehren sich auch die Sprachprobleme. Dringend gesucht seien hilfsbereite Bürger mit Arabisch-Kenntnissen, sagen Marek und Schneider-Müller.