Zwar hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung der Gründung einer GmbH, welche die geplante Anlage betreiben soll, zugestimmt. Uneins ist man aber über den Ort: Der angedachte Platz am Waldhof stößt auf massive Kritik.

Bietigheim-Bissingen - Wie sehr die geplante Biogutvergärungsanlage momentan die Bürger in Bietigheim-Bissingen beschäftigt, zeigte auch der Blick in den Saal bei der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend: Bis auf den letzten Platz war der Raum gefüllt, und trotz einer langen Tagesordnung harrten viele bis fast zum Ende der Sitzung aus – bis sich die Stadträte endlich mit der geplanten Vergärungsanlage beschäftigten. Es wurde deutlich: vor allem der geplante Standort der Anlage erhitzt die Gemüter.

 

Angedacht ist bislang, die Vergärungsanlage im Waldhof, einem Gebiet zwischen Bietigheim, Löchgau und Metterzimmern zu errichten. Dies kommt für einige Räte aber nicht in Frage: „Der Standort Waldhof ist keine Option“, sagte der CDU-Stadtrat Claus Stöckle. Er könne nicht verstehen, wie mit der Anlage eine Naherholungsgebiet „zugepflastert“ werde.

Ehemaliges Schotterwerk Fink als Alternativ-Standort

Neben der Größe der Anlage würde auch der zu erwartende Verkehr gegen einen Bau im Waldhof sprechen, so Stöckle. Zu rechnen sei mit mehr als hundert Lkw-Fahrten pro Tag, womit auch Wanderer oder Spaziergänger im Waldhof konfrontiert werden würden. Die Anlage solle daher in einem Industriegebiet gebaut werden, sagte Stöckle.

Eine Meinung, der sich auch der Freie-Wähler-Chef Steffen Merkle anschloss. Als konkrete Alternative zum Waldhof nannte Merkle das ehemalige Kies- und Schotterwerk Fink. „Das ist geradezu prädestiniert“, sagte Merkle. Der Freizeitwert des Geländes am Waldhof sei zu hoch, als dass dort eine solche Anlage gebaut werden solle. „Wir erwarten eine differenziertere Standortbetrachtung.“ Auch für den FDP-Stadtrat Georg Mehrle ist die Debatte um den Platz für die neue Anlage noch lange nicht beendet – im Gegenteil: „Das wird noch richtig heiß.“

Etwaige Geruchsbelästigung spielt keine Rolle mehr

Erleichtert äußerten sich die meisten Räte am Dienstag dagegen, als es um die befürchtete Geruchsbelästigung durch die Vergärungsanlage ging. Der Besuch einer ähnlichen Anlage in Freudenstadt habe gezeigt, „dass es eben nicht stinkt“, sagte Wilhelm Dietz (CDU). Doch auch Dietz rief die Verwaltung dazu auf, den Standort noch einmal zu überdenken. Werner Kiemle (SPD) nannte die geplante Anlage dagegen eine „Riesenchance für die Energiewende.“

Der Streit um das Projekt ging am Dienstag also in die nächste Runde. Begonnen hatte er erst im Frühjahr. Damals hatte der Aufsichtsrat der Abfallverwertungsgesellschaft im Landkreis (AVL) einem Bieter-Konsortium, an dem auch die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen (SWBB) beteiligt sind, den Zuschlag für die neue Anlage gegeben. Diese soll künftig den Biomüll des Kreises (derzeit etwa 23 000 Tonnen im Jahr) aufnehmen und vergären. Aus dem entstehenden Biogas können dann Strom, Gas und Wärme gewonnen werden. Das Gebäude soll eine Fläche von etwa zwei Hektar einnehmen und bereits Anfang 2018 in Betrieb gehen. Rund 13 Millionen Euro soll die Anlage kosten.

Seitdem sich die AVL für die Bietergruppe um die Bietigheim-Bissinger Stadtwerke entschieden hat, gibt es jedoch immer wieder Diskussionen. Neben dem Standort wurde vor allem über die etwaige Geruchsbelästigung debattiert. Im Juni führten die Bedenken der Stadträte dazu, dass die Gründung der GmbH verschoben wurde. Nun wurde die Gesellschaft zwar gegründet, die Zweifel sind aber bei weitem nicht ausgeräumt.

Einige CDU-Räte stimmen der GmbH nicht zu

Formal ging es am Dienstag zum zweiten Mal nur um die Gesellschaft, die später die Anlage betreiben soll – und „nicht um den Standort“, wie der Bürgermeister Joachim Kölz betonte. Doch für ihn sei die Vorlage eindeutig auch mit dem Standort am Waldhof verknüpft, sagte der CDU-Rat Stöckle. In den vergangenen vier Wochen, seit der letzten Sitzung des Gemeinderats, habe die Verwaltung keine Alternative zum Waldhof-Standort genannt – vermutlich, weil sie keine habe. Daher könne er auch der Gründung einer GmbH nicht zustimmen, sagte Stöckle.

Der Oberbürgermeister Jürgen Kessing versuchte, die Wogen, die sich vor allem in der CDU-Fraktion aufgebaut hatten, zu glätten. Er wiederholte, dass die Gründung der GmbH nicht einer Entscheidung für den Standort Waldhof gleichkomme: „Die Planungshoheit bleibt im Rat.“ Unter Umständen müsse man eben nach einem neuen Standort schauen. Der Geschäftsführer der Stadtwerke, Rainer Kübler, versprach, die Bewertung der verschiedenen geprüften Standorte an die Stadträte zu schicken. Gleichwohl konnte auch das am Dienstag keine Einigkeit im Rat herstellen: vier CDU-Räte stimmten schlussendlich gegen die Gründung der GmbH.