Ein Logo ist fast schon Pflicht. Ansonsten gibt es keinen Königsweg beim Stadtmarketing. so gehen Ludwigsburg, Gerlingen und Ingersheim auch ganz unterschiedliche Wege, um ihre Stadt als Marke zu etablieren.

Kreis Ludwigsburg - Welche Stadt nennt sich „Wein- und Museumsstadt“? Welche beschreibt sich als „Sechs Richtige“? Und wo ist „Deutschlands schönster Weinort“? Kleiner Tipp: alle sind im Landkreis Ludwigsburg. Und sie alle wollen mit markigen Schlagworten, einem Slogan, für sich werben. Nicht alle Städte und Gemeinden im Kreis haben einen Slogan oder ein eigenes Logo. Pleidelsheim, Mundelsheim und Großbottwar beispielsweise verzichten bisher auf beides. Doch immer mehr Kommunen entdecken die Vorteile einer eigenen Marke für sich und engagieren Werbeagenturen – oder entwickeln ein Konzept auf Basis einer Bürgerbeteiligung. Ingersheim beispielsweise sucht derzeit einen Slogan. Gerlingen steckt gerade mitten in einem Markenprozess. Und Ludwigsburg will sich auch neu erfinden (siehe Interview). Die Anforderungen sind vielfältig: Stadtmarketing soll die eigene Identität stärken, dabei helfen, sich von umliegenden Gemeinden abzugrenzen, es soll Handel und Gewerbe fördern und dazu noch Touristen anlocken. Und da es keinen Königsweg gibt, geht jede Kommune ihren eigenen Weg.

 

„Stadtmarketing ist mehr als nur Blumenkästen in der Innenstadt“, sagt Andreas Arzt. Der Geschäftsführer einer Werbeagentur hat für die Stadt Gerlingen ein Logo mit Slogan entworfen (siehe „Eine kleine Logo-Kunde“). Es ist das erste Logo Gerlingens. Früher sei das, aufgrund des geringen Tourismus, nicht notwendig gewesen, sagt Arzt. Nicht mehr heute: „Die Gemeinden drum herum bewegen sich auch“, sagt er. Seit Jahren arbeitet die Stadt an ihrem Marketing. Im Sommer 2012 beauftragte sie eine Marktforschungsgesellschaft, eine Stadtmarketing-Konzeption auf Basis einer Bürgerumfrage zu erstellen. Das Ergebnis war ein Handbuch, das die Themen Wirtschaft, Wohnen, Einzelhandel, Nachhaltigkeit sowie Freizeit und Kultur umfasst und jetzt als Leitfaden für weitere Aktionen dienen soll. Das Logo sei dabei die „Quintessenz“ des Handbuchs, sagt Arzt. Im Lenkungskreis Stadtmarketing, der von Mitgliedern aus Verwaltung, Gemeinderat und dem Arbeitskreis Lokale Agenda besetzt ist, werden Möglichkeiten diskutiert, wie man die Innenstadt attraktiver machen kann, beispielsweise durch ein neues Parkkonzept und eine „Gerlingen Card“.

Früher machte der Bürgermeister das Stadtmarketing

Noch geklärt werden muss, wo die Fäden des Stadtmarketings in Zukunft zusammenlaufen sollen. Im Gespräch ist ein Innenstadtverein, in dem sowohl die Stadt als auch Vertreter aus Handel und Gewerbe vertreten sind. „Bisher war Stadtmarketing immer Chefsache“, sagt Arzt. Soll heißen: der Bürgermeister war dafür zuständig, die Attraktivität der Stadt zu steigern. Arzt stellt sich jedoch einen Stadtmarketingmanager vor, der außerhalb der Verwaltung arbeitet. „Der bürokratische Weg führt doch oft dazu, dass man sich von den Nutznießern des Marketings entfernt, nämlich von Handel und Gewerbe“, sagt er.

Eine eigene Stelle für die Öffentlichkeitsarbeit von Ingersheim sei „utopisch“, sagt die Hauptamtsleiterin Carolin Breitenöder, die in der 6000-Einwohner-Gemeinde auch für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Ingersheim sucht derzeit einen eigenen Slogan – und zwar per Bürgerwettbewerb. Er soll identitätsstiftend für beide Ortsteile und ein Alleinstellungsmerkmal für Ingersheim sein. „Wir wollen ja nicht der Abklatsch einer anderen Kommune sein“, sagt Breitenöder.

Marketing wurde immer professioneller

Je kleiner eine Kommune sei, desto seltener verwende sie einen eigenen Slogan oder ein Logo und setze stattdessen auf das traditionelle Stadtwappen, sagt Anette Hochmuth, die Sprecherin Bietigheim-Bissingens. Das aktuelle Logo der Stadt komme seit 15 Jahren zum Einsatz. „Bei hochoffiziellen Akten ist das Stadtwappen die erste Wahl, aber für den Allgemeingebrauch setzen wir mehr auf das emotionale, weniger staatstragende Zeichen des Logos“, sagt sie. Im vergangenen Jahr war Hochmuth Lehrbeauftragte für Public Relations an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg. Das Thema Standortwerbung habe sich über die letzten 50 Jahre entwickelt, erläutert sie. Während in den 50er Jahren noch vieles über persönlichen Kontakt abgelaufen sei, habe sich, parallel zur Professionalisierung der Werbung in Unternehmen, auch das Stadtmarketing zunehmend wissenschaftlicher Methoden bedient. „Heute gehört Stadtmarketing zum selbstverständlichen Kanon der Aufgaben einer Kommune“, sagt Hochmuth. Und das Logo sei das Sinnbild des Ganzen.

Ein Logo müsse konsequent eingesetzt werden, sagt Christiane Conzen, die Pressesprecherin Remsecks. „Ohne geht es heutzutage kaum noch.“ Das gelbe „R“ legte sich Remseck 2004 zu, als es Große Kreisstadt wurde. „Zu diesem Anlass wollten wir auch das Thema Corporate Identity stärken“, sagt Conzen. Einen offiziellen Slogan hat Remseck nicht. Übrigens: die am Anfang zitierten Slogans stammen aus Bönnigheim, Sachsenheim und Besigheim.

Interview: „Marken mit Haltung sind erfolgreicher“

Seit Januar ist Nadine Schuster im Eigenbetrieb Tourismus und Events dafür zuständig, für Ludwigsburg eine neue Dachmarke zu gestalten.
Nadine Schuster Foto: factum/Weise
Frau Schuster, welche Rolle spielt das Logo im Marketing einer Stadt?
Das ist von Stadt zu Stadt verschieden. Die eine Stadt geht den Weg von oben nach unten: Der Ansatz ist dann, ein Logo zu kreieren, das ein markantes Bild bietet, worunter sich dann die jeweiligen Inhalte des Marketings subsumieren lassen. Andere Städte gehen den Weg umgekehrt. Hier schaut man erst, wofür die Stadt steht, um dann etwas zu schaffen, was das verbildlicht. Unser Ansatz ist: ein Logo und ein Slogan sollten nicht am Anfang eines Profilierungsprozesses stehen, sondern am Ende. Das Logo ist das i-Tüpfelchen, der Abschluss eines Markenprozesses.
Eine Stadt muss im Marketing zur Marke werden. Ist das Produkt „Ludwigsburg“ dann vergleichbar mit einem Industrieprodukt, dessen Absatz gesteigert werden soll?
Ein Unternehmen hat die Absicht, den Gewinn zu steigern. Unser Gewinn sind die Bürger der Stadt. Nüchtern betrachtet geht es darum, der demografischen Entwicklung zu trotzen, also Einwohner zu akquirieren. Dazu muss sich die Stadt strategisch ausrichten, ein klares und markantes Profil darstellen. Eine Marke zu entwickeln, heißt in unserem Fall, dem Produkt „Ludwigsburg“ einen guten Namen zu machen. In den Methoden nähert sich Stadtmarketing auch dem Produktmarketing: Es müssen mehr emotionale Verbindungen des Bürgers zu seiner Stadt geschaffen werden. Zur Positionierung gehört auch, mit den Bildern, mit den Emotionen und den Assoziationen zu arbeiten, die in der Bevölkerung bestehen. Meine Vision wäre zum Beispiel eine Art Stadtakkord oder ein einprägsamer Stadtton, wie man ihn von Unternehmen wie der Telekom oder Audi kennt. Auf der anderen Seite ist Stadtmarketing viel umfassender als Produktwerbung: Wir haben eine äußerst heterogene Zielgruppe, nämlich die gesamte Bürgerschaft. Das macht das Ganze herausfordernder.
Wie wird man der Herausforderung gerecht?
Man muss immer wieder nach außen tragen, was die eigene Stadt so besonders macht. Es geht hier auch um Wissensvermittlung und Stärkung der Identität. Das ist ein bisschen wie Vokabeln lernen. Für die Politik ist das nicht einfach, wenn sie sich festlegen muss, was sie sein will. Und Geduld ist bei dem Prozess auch gefragt: Signifikate Ergebnisse eines Stadtmarketing-Prozesses sind laut Fachliteratur erst nach fünf bis zehn Jahren erwartbar.
Ludwigsburg möchte sich neu erfinden: weniger Barock, mehr moderne Themen wie E-Mobilität und Nachhaltigkeit. Versteckt die Stadt zukünftig das Blühende Barock?
Vielmehr gilt es, das historisch Gewachsene mit dem trendigen Neuen zu verbinden. Das Blühende Barock oder der Märchengarten beispielsweise sind Orte der Stadt, die die Bürger verinnerlicht haben. Das sind Kindheitserinnerung und Assoziationen, die Sie nicht einfach ausradieren können. Mit diesen Orten müssen wir arbeiten. Man kann es bestimmt nicht allen recht machen. Das sollte man aber auch nicht, immerhin braucht ein Stadtmarketing auch eine klare Linie. Denn Marken, die eine Haltung zeigen, sind erfolgreicher.