Die Gesellschaft steht nach Meinung von Landrat Rainer Haas
angesichts der Flüchtlinge vor einer Bewährungsprobe. Er ist in Sorge, dass sich Ziele wie Integration und Partizipation nicht umsetzen lassen.

Kreis Ludwigsburg - - Der Landrat will Kommunen, die bei der Erstunterbringung in Vorleistung gehen, das bei der Anschlussunterbringung anrechnen. Das sei nur gerecht, wie er findet.
Herr Haas, ist Ihre Geduld gegenüber den Gemeinden und Städten erschöpft?
Nein. Das ist keine Geduldsfrage. Es ist eher eine größer werdende Sorge, was die Unterbringung der Flüchtlinge anbelangt.
Sie werden sehr deutlich, wenn Sie in Ihrem Brief an die Bürgermeister schreiben, dass, wer jetzt keine Plätze stellt, bei der Anschlussunterbringung stärker bedacht wird.
Wir sind in großer Not. Wir fühlen uns von den meisten Kommunen gut bis sogar sehr gut unterstützt. Es sind eigentlich nur einige wenige, die sich aus nachvollziehbaren Gründen noch im Soll befinden. Deshalb haben wir uns entschlossen, ganz gerecht zu verfahren, und die Erst- und die Anschlussunterbringung der Flüchtlinge zusammenzurechnen. So weiß derjenige, der uns entsprechend Grundstücke für die Erstunterbringung zur Verfügung stellt, dass er das nicht bei der Anschlussunterbringung büßen muss.
Ist der gesellschaftliche Konsens gefährdet?
Ich bin auch hier durchaus in Sorge, denn es wird immer schwieriger, die Menschen unterzubringen. Die vorübergehende Unterbringung in Zeltstädten ist eine echte Notmaßnahme. Vor dem Hintergrund der großen Zahl der Menschen, die zu uns kommen, wird es immer schwieriger, unsere Absicht der Integration und Partizipation umzusetzen. Außerdem ist es eine echte Herausforderung, unter diesen Umständen den gesamtgesellschaftlichen Konsens aufrecht zu erhalten.
Muss sich die Zivilgesellschaft bewähren?
Das kann man mit Fug und Recht so sehen. Das ist eine Bewährungsprobe für unsere Gesellschaft, die ihren Lebensstandard nicht zuletzt darauf begründet, dass es anderen Ländern auch in Folge unseres Handelns nicht so gut geht. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass ein nicht geringer Teil unseres Wohlstands darauf beruht.