Erst waren es Häuser, dann Hallen, jetzt spricht man von Zeltstädten: Der Landkreis sucht verzweifelt nach Unterkünften für immer mehr Flüchtlinge. Insgesamt 5500 Menschen werden in diesem Jahr untergebracht werden müssen.

Kreis Ludwigsburg - Wenn Jürgen Vogt durch den Landkreis fährt, dann ist sein Blick ein anderer. Früher hat der Ordnungsdezernent am Landratsamt unweigerlich bemerkt, wenn irgendwo eine Wohnung leer stand oder ein Haus unbewohnt aussah. Dann überlegte er, ob da wohl Platz für eine Flüchtlingsfamilie sei. Diese Zeiten sind vorbei. Heute denkt er in anderen Größenordnungen. „Ich schaue nur noch auf Flächen“, sagt der Mann, der im Kreis für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständig ist.

 

Immer am Monatsende bekommt Vogt eine Liste vom Land, wie viele Flüchtlinge im nächsten Monat von der Landesaufnahmestelle in Karlsruhe in den Kreis Ludwigsburg umsiedeln werden. Für den laufenden Monat lautet die Zahl 553. Im Moment kommen in Karlsruhe jeden Tag 700 Menschen an. Die Landkreise und die Kommunen sind jeden Monat stärker gefragt. Und der Vorlauf wird immer kürzer. In einem Fall hatte Vogt gerade mal drei Tage Zeit, um die nötigen Quartiere zu finden. Früher, das war vor gut einem Jahr, habe man Räume belegt, wenn eine Nutzungsänderung beschlossen war. Heute schaue er auf den Brandschutz und bringe die Menschen auf Basis des Polizeirechts unter, „um Obdachlosigkeit zu vermeiden“.

Die Zeltstadt in Oberstenfeld wird wohl doch nicht kommen

Oft bleibt nicht einmal Zeit, die Betroffenen ausführlich zu informieren. In Tamm und Oberstenfeld kam und kommt die Bürgerinformation, nachdem sich der Kreis für die Nutzung eines Verwaltungsgebäudes oder den Bau einer Zeltstadt auf einer angemieteten Fläche entschieden hat. Letztere wird nun wohl doch nicht kommen: Nach Auskunft des Landratsamtes vom Freitag könnte es gelingen, innerhalb der nächsten zwei Wochen gleich mit Modulen in Fertigbauweise zu beginnen.

Aber auch die werden allmählich knapp auf dem Markt. Und gleichzeitig steigen die Preise. Umgekehrt sei es für Investoren in Zeiten niedriger Zinsen „schon auch attraktiv“, mit dem Kreis einen Zehnjahresmitvertrag für ein Gelände abzuschließen, sagt Vogt. Weitere Angebote prüft er gerade. Die Suche nimmt jeden Tag neu an Fahrt auf. „Ich wusste vor zehn Tagen noch nicht, dass ich die Fläche in Oberstenfeld bekomme“, sagt Vogt. Zwei Wochen liege das Tammer Angebot zurück. Angesichts des kommenden Winters hofft er, keine Zelte mehr aufstellen zu müssen. Das liegt auch an den Möglichkeiten und der Bereitschaft der Kommunen.