Bernd Fickler glaubt, dass sich Finanzdienstleister künftig noch stärker an den Wünschen ihrer Geschäftspartner orientieren müssen und die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit verschwimmen. Ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Waiblingen.
18.03.2015 - 11:14 Uhr
Herr Fickler, die Sparkasse hat einen Prozess angestoßen, bei dem die Kunden an der Entwicklung des Unternehmens mitwirken sollen. Wie kam es dazu?
Die Idee dahinter hinter ist, dass wir gerne wissen wollen, was unsere Kunden wünschen. Bisher haben sich darüber ganze Stäbe von Mitarbeitern die Köpfe zerbrochen. Das wollen wir mit dem Kundendialog jetzt anders machen und einfach direkt nachfragen. In anderen Branchen, etwa im Spezialmaschinenbau, ist es ja auch ganz normal, dass man mit dem Kunden gemeinsam bespricht, was ihm bei einem Auftrag wichtig ist und auf dieser Basis versucht, Lösungen zu entwickeln.
Machen das Ihre Mitarbeiter bei einem normalen Beratungsgespräch nicht auch?
Natürlich, aber die Workshops sind der nächste Schritt. Bevor wir uns mit großen Vorläufen Gedanken machen, mit welchen Innovationen wir unsere Kunden neu beglücken könnten, sprechen wir mit ihnen selbst darüber. Wir haben gar nicht die Erwartung, dass jeder zu hundert Prozent sagen kann, was er will. Aber allein schon die Schilderung dessen, wie es ihm bei uns ergeht, was ihm gefallen hat und was nicht, gibt uns Aufschlüsse darüber, was wir in Zukunft besser machen können.
Die ersten Workshops sind bereits gelaufen. Welche Wünsche sind aufgekommen?
Für uns sehr bestätigend war, dass in allen Gruppen das Thema Präsenz vor Ort und persönliche Nähe eine große Rolle gespielt hat. Auch das Thema Regionalität scheint den Leuten wichtig zu sein.
Inwiefern?
Ein ganz banales Beispiel: bei der Planung unserer Filiale in Murrhardt kam der Wunsch auf, diese nicht so einzurichten, wie alle anderen Filialen auch, sondern lokale Besonderheiten aufzugreifen. Bisher hatten wir bei der Gestaltung unserer Bauten die Uniformität und den Wiedererkennungswert als einen elementaren Bestandteil angenommen. Wir waren sogar sehr stolz darauf, dass unsere Filiale in Murrhardt genauso aussehen würde, wie die in Waiblingen oder Schorndorf.
Das wird jetzt nicht mehr der Fall sein?
Wir können uns vorstellen, dass wir uns an dem Beispiel orientieren, das ich bei unserer Partnersparkasse in Meißen gesehen habe. Dort ist das Prinzip ganz toll umgesetzt. Die haben ein Beratungszimmer, das sich bei der Ausgestaltung auf das Thema Porzellan konzentriert. In einem anderen Raum wird der Weinbau thematisiert. Sehr nett, sehr persönlich und regional. Umgesetzt wurde das Ganze zusammen mit örtlichen Vereinen.
Gab es andere Vorstellungen, die Sie so nicht erwartet hätten?
Erstaunt hat mich, dass gerade die Jüngeren gesagt haben, dass anonyme Bankgeschäfte, etwa via gängiger Textnachrichtchats wie Whatsapp, nicht gewünscht werden. Auch die jungen Erwachsenen haben gesagt: „Wir legen Wert auf seriöse Informationen und auf eine seriöse Kontaktaufnahme.“
Das heißt, die neuen Medien spielen bei der Sparkasse keine Rolle mehr, und künftig wird alles wieder ausschließlich in den bankeigenen Gebäuden besprochen und erledigt?
Nein, natürlich nicht. Die Diskussion darf nicht die Überschrift Entweder/Oder tragen. Die Herausforderung für uns ist, auf der Basis unserer starken Regionalität alle anderen Kanäle so aufzubauen und miteinander zu verknüpfen, dass ein Kunde immer die Wahl hat, wie er mit uns in Kontakt treten will. Wir haben festgestellt, dass es den Internetkunden oder den Filialkunden nicht gibt. Ein Kunde, der viel in der Welt unterwegs ist, will vielmehr einerseits seine Baufinanzierung in der Filiale seiner Region besprechen, aber andererseits drei Tage später am Flughafen die Möglichkeit haben, eine Zwischenfrage zu dem Thema per Handy oder E-Mail zu stellen – und dieses auch beantwortet bekommen.