Krimis, Western, Horror – der Amerikaner Ed Gorman schrieb in jedem dieser Genres mit vollem Einsatz. Er liebte die großen Klassiker und die vergessenen Sonderlinge der Krimigeschichte, und er machte ihnen keine Schande.

Stuttgart - „Mickey Spillane und F. Scott Fitzgerald, das ist ja ein ziemlich bemerkenswertes Beieinander, Mr. Gorman.“ Der Krimiautor Ed Gorman hat mal in einem Interview diesen amüsierten Tadel erwähnt, den ihm einst eine der unterrichtenden Nonnen an seiner katholischen Schule für die im Tischfach versteckte Privatlektüre erteilt hatte. Will heißen, Gorman war früh ein vielseitiger Leser. Wobei das Fitzgerald-Interesse mit den Jahren wohl stärker nachließ als die Lust auf Krimis.

 

Zwanzig Jahre lang arbeitete der am 29. November 1941 in Cedar Rapids, Iowa, Geborene in einer Werbeagentur, bevor er freier Autor wurde. Die im Mad-Men-Amerika erworbenen Kenntnisse übers Verkaufs-, Werbe- und Mediengeschäft, über die Typen und Milieus, übers Rattenrennen um das größte Eckbüro scheinen immer mal wieder auf in seinen Büchern. Aber Gorman griff vor allem eine Tradition des Noir auf: von denen zu erzählen, die draußen im Kalten sind oder sich plötzlich nach draußen befördert finden, von den Außenseitern und Querköpfen ohne Netzwerk, auf die das System pfeift. Jack Dwyer, einer seiner Serienhelden, war mal ein Cop, aber nun schlägt er sich als Gelegenheitsschauspieler und Security-Mietling durch.

Ganz im alten Pulp-Spirit

Gleich mit seinen ersten Büchern ist der höchst produktive Gorman in den USA von der Krimikritik als außergewöhnlicher Erzähler alter Schule wahrgenommen worden, als einer, der mit allen professionellen Tricks Nervenfetzerei betrieb und doch immer persönliche Anliegen verhandelte, der seine Bücher nie zu seelenlosen Reizspende-Automaten verkommen ließ.

Den Pulp-Spirit lebte Gorman auch dadurch, dass er sich nicht auf Krimis beschränkte. Er schrieb mit demselben Anspruch an die eigene Arbeit Western-, Horror-, Kolportageromane und -stories, wofür er auch Pseudonyme nutzte: E. J. Gorman, Daniel Ransom, Robert David Chase. Als Herausgeber, Kritiker, Geschmacksbildungskämpfer aber steckte er die meiste Energie in Kriminalliteratur, war Mitbegründer des Magazins Mystery Scene, ein immer interessanter Blogger und ein Kämpfer für Bücher und Filme von Vorgestern. Warum die relevant, großartig, aufregend sind, hat er immer wieder darzustellen versucht. Auf Deutschlands Krimi-Impulskauf-Tischen nahe der Buchhandelskasse würden seine Bücher heute wie ins Hipp-Gläschen-Regal verirrte Whiskey-Flaschen wirken. Aber es verlegt ihn darum ja schon lange keiner mehr.

Am 14. Oktober ist Ed im Alter von 74 Jahren gestorben. „Die zurückliegende Kriminalliteratur ist so reich an denkwürdigen Werken, langen wie kurzen, dass ich nur immer wieder staunen kann, dass einige Leser keinerlei Interesse an ihr zeigen“, hat er einmal geschrieben. Man darf auch seine eigenen Bücher diesem Reichtum zurechnen.