Britt Reißmann schreibt Krimis. Doch sie hat zwei Jobs: Die Autorin ist auch bei der Stuttgarter Polizei angestellt.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Der Berufswunsch hat für Britt Reißmann schon früh festgestanden: Bereits nach dem Realschulabschluss wollte sie Schriftstellerin werden. Es dauerte noch einige Zeit. Die Ausbildungszeit, einige Jahre im alten Beruf, das Ende der DDR, wo sie in Naumburg an der Saale (Sachsen-Anhalt) aufgewachsen war, die Familiengründung und der Umzug nach Stuttgart nach der Wende kamen, bevor sie hier einen neuen Beruf fand und ihrer Berufung nachkommen konnte. Britt Reißmann arbeitet bei der Polizei und schreibt Krimis – und natürlich fließt in ihre Bücher auch ein, was sie im Stuttgarter Polizeipräsidium tagtäglich erlebt.

 

Der erste Beruf hat mit Mord und Totschlag oder Schreiben noch gar nichts zu tun. Britt Reißmann war Intarsienschneiderin. „Aber den Beruf gibt es so kaum noch“, sagt die 53-Jährige. Deswegen suchte sie sich, als sie nach Stuttgart kam, eine neuen Job. Auf Umwegen landete sie schließlich bei der Polizei, im Morddezernat. Nicht als Ermittlerin, und doch ist sie sehr nah dran an allen mysteriösen Todesfällen in der Landeshauptstadt. „Jede Leichenmeldung geht über meinen Schreibtisch“, verrät die Büroangestellte.

Mit einer Gerichtsdolmetscherin verfasst sie den Erstling

In dieser Zeit kam eine glückliche Fügung hinzu: Reißmann lernte eine Kollegin kennen, die wie sie schon immer Krimis schreiben wollte. Mit der Gerichtsdolmetscherin Silvija Hinzmann, die genauso krimiverrückt wie sie selbst sei, verfasste sie den ersten Krimi, „Die Farbe des Himmels“, erschienen im Emons-Verlag. In diesem Herbst legt Britt Reißmann den zweiten Krimi, den der Dianaverlag herausgibt, vor. „Scherbenkind“ heißt das Buch, und auf dem Titel prangt die Concordia von der Jubiläumssäule auf dem Schlossplatz. Der Roman spielt natürlich in Stuttgart. Dieses Mal geht es um den Tod eines Kindes, einen ungelösten Mordfall und den rätselhaften Tod einer Frau.

Bleibt die Frage, ob die Arbeit bei der Polizei beim Schreiben hilft. „Natürlich“, sagt Reißmann, auch wenn sie keine Erkenntnisse aus den Fällen direkt verwenden darf. Aber in ihrem Büro werden Beschuldigte vernommen, sie weiß genau, wie es an einem Tatort aussieht – muss sie die Beschreibung nach einem Mord doch abtippen. Und dass ein DNA-Test nicht, wie beim Fernsehgerichtsmediziner, mit einem Blick durchs Mikroskop gemacht ist, auch das weiß sei.

Sie verwendet die Thematik, nicht die konkreten Geschichten

„Ich verwende aber nicht die konkreten Geschichten, sondern die Thematik, die zugrunde liegt“, sagt Britt Reißmann. In „Blutopfer“, erschienen 2014 beim Dianaverlag, ist das die Verrohung der Jugendlichen, die im Jahr 2007 den sogenannten Zementmord begingen. Sie erschlugen einen 19-Jährigen, zerstückelten den Toten und betonierten ihn in Kübel ein, die sie im Neckar versenkten – selbst hartgesottene Kommissare waren sprachlos über die Kaltblütigkeit. Interna dürfe sie natürlich nicht verwenden. „Im Zweifelsfall frag ich die Kollegen.“ Und ganz realistisch könne man nicht schreiben: „Ich kann keine 40-köpfige Soko an einem Fall arbeiten lassen, ich brauche weniger Protagonisten“, erläutert Britt Reißmann. Jedoch mache sich der Job mitunter bemerkbar, in der Ausdrucksweise: „Polizeideutsch!“, schimpft dann die Lektorin. Was jedoch vorkomme, seien Anekdoten aus dem Polizeialltag. So etwa die Zeit, als im Dezernat die Kohlsuppendiät Einzug hielt, und es nur noch nach Kohl roch. Pikante Details dieser Art dürfen in ihren Büchern verarbeitet werden.