Für Kinder bedeutet ein Krippenplatz Stress - das haben Forscher jetzt herausgefunden. Je jünger ein Kind ist, desto höher ist die Belastung.

Stuttgart - Cortisol spielt in der modernen Stressforschung eine große Rolle. Es ist das wichtigste der in der Nebenniere produzierten Glukokortikoidhormone, bereitet die Körperfunktionen auf die Bewältigung von Stress vor und heißt deshalb auch "Stresshormon". Für Forscher ist es daher naheliegend und auch üblich, mit Hilfe von Cortisolspiegelmessungen nach Antworten auf Fragen der frühen Krippenbetreuung zu suchen.

Die ehemals in Köln, inzwischen an der Universität Wien lehrende Entwicklungspsychologin Lieselotte Ahnert widmet sich dem Thema im Rahmen einer 2007 begonnenen und noch bis 2012 laufenden Untersuchung, der "Wiener Kinderkrippenstudie", deren Zwischenergebnisse sie jetzt erstmals auf dem Psychologenkongress in Bremen vorstellte.

Cortisolwerte sind tageszeitabhängig: Morgens ist der Wert am höchsten, da der Organismus nachts Cortisol aufzutanken scheint. Die Art und Weise, wie die Cortisolkurve im Tagesverlauf abfällt, zeigt an, wie gut der Körper auf Stress reagieren kann.

In der Kindheit ist dieses System allerdings noch nicht voll ausgereift, es muss sich erst langsam entwickeln. Bislang weiß man nicht, mit welchem Alter die Entwicklung eines Cortisoltagesprofils abgeschlossen ist. Erste Ergebnisse der Wiener Studie deuten darauf hin, dass es sich etwa bis zum fünften Lebensjahr stabilisiert hat.

Besonders gestresst zur Mittagszeit


Die Wiener Forscher wollten wissen, wie sich die frühe Krippenbetreuung auf die Stressbelastung des Kindes auswirkt, vor allem auch im Verhältnis zur Bindung an die Erzieherinnen. Sie bezogen 65 Kleinkinder zwischen zehn und 36 Lebensmonaten in ihre Untersuchung ein. Zwei Monate nach Krippeneintritt begannen sie mit den Cortisolmessungen in Form von Speichelproben. Das Ergebnis: bereits zehn Wochen nach Krippeneintritt zeigten Kinder, die jünger als zwei Jahre waren, eine verminderte Stressreaktivität, ihr morgendlicher Cortisolwert nahm ab. Besonders gestresst zeigten sich die Kinder zur Mittagszeit. "Mit fortschreitender Krippenbetreuung sinkt der morgendliche Cortisolwert, die Tagesprofile werden flacher, die Stressverarbeitung wird ungünstiger", resümierte Tina Eckstein von der Uni Wien.