Nach ihrer Schlappe beim Streit um die Frauenquote gibt es plötzlich sonderbare Gerüchte um die Familienministerin. Kristina Schröder wolle im neuen Kabinett Merkel nicht mehr Ministerin sein.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Geradezu mütterlich hat Angela Merkel sich dieser Tage um die Jüngste im Kabinett gekümmert. Als sämtliche Fernsehkameras wegen des Streits über die Frauenquote die Union im Visier hatten, zeigte sich die Kanzlerin Seit an Seit mit Kristina Schröder – demonstrativ in vertraute Gespräche vertieft. Jeder sollte sehen: die Familienministerin hat den Segen der Chefin. Kabinettskollegin Ursula von der Leyen kann das nicht behaupten. Auch wenn sie sich um Bilder bemüht hat, die desgleichen belegen sollten.

 

Dennoch hat die 35-jährige Juniorministerin eine schwarze Woche hinter sich. Erst opferte Merkel Schröders sogenannte Flexiquote auf dem Altar der Rebellin von der Leyen. Dann kamen Gerüchte in Umlauf, die CDU-Frau aus Hessen richte sich schon darauf ein, der nächsten Regierung nicht mehr anzugehören. Sie wolle sich mehr um ihre Tochter Lotte (2) kümmern.

Schröders Sprecher Christoph Steegmans tut das als Intrige ab. Zur Sache selbst will er sich nicht äußern. Man müsse bei solchen vermeintlichen Neuigkeiten „immer bedenken, welcher Stichwortgeber glaubt, dass ihm eine solche Geschichte nützt“, so sagt er. In der christlichen Volkspartei wird schmutzige Wäsche gewaschen.

Die CDU-Frauen haben mehr Gegner als Fürsprecher

Unter Schröders Parteifreunden gibt es viele, die man im normalen Leben für Feinde halten würde. Dieses Schicksal teilt die Familienministerin mit ihrer Erzrivalin von der Leyen: Beide CDU-Frauen haben mehr Gegner als Fürsprecher in den eigenen Reihen. Im Falle von der Leyens verdichtet sich die Antipathie weit oben auf den höchsten Etagen des Parteiapparats. Namhafte Repräsentanten im CDU-Präsidium würden auf sie in künftigen Kabinetten gerne verzichten. Von der Leyen ficht das nicht an. Es schürt allenfalls ihren Machtinstinkt, ihren Ehrgeiz, ihren Trotz.

Schröder ist die schwächere der beiden ungeliebten CDU-Ministerinnen. Die Intimfeindin von der Leyen lässt sie das mit unschöner Regelmäßigkeit spüren. Zunächst war es wie ein genialer Coup der Kanzlerin erschienen, eine junge Frau mit dem Familienressort zu betreuen, die wenig später als erste Ministerin überhaupt, während ihrer Amtszeit Mutter wurde. Doch Schröder bewies weder besonderes Geschick auf dem verminten Gelände der Emanzipation, noch vermochte sie sich eine imposante Bilanz zu erarbeiten.

Der Eklat kommt im Sommer beim Thema Kitaplätze

Die ist äußerst bescheiden. Die Familienpflegezeit, eines ihrer zentralen Projekte, kommt nicht an. Der Plan, auch Großeltern eine Familienpause zu ermöglichen, scheitert am Widerstand der FDP. Und der schlimmste Sturm steht Schröder noch bevor – auch wenn sie dafür am wenigsten kann: Wenn im Sommer offenbar wird, dass es nicht genügend Kitaplätze gibt, dann werden viele versuchen, das der Bundesfamilienministerin anzulasten. Die Versäumnisse liegen in diesem Fall freilich mehr bei Ländern und Kommunen.Doch feine Differenzierungen sind bei politischen Scharmützeln eher kontraproduktiv.

Zu altbacken, zu gestrig

Frauen, die sich für emanzipiert halten, ist Schröder zu altbacken, ja ideologisch geradezu verdächtig. Doch sie hat sich auch bei Konservativen in Verruf gebracht. Ausgerechnet die christdemokratische Familienministerin reihte sich in den Kreis derer ein, die Homo-Paare mit Ehegatten gleichstellen wollen. Der Gegenwind nach diesem Bekenntnis hat Schröder nach eigenem Bekunden veranlasst, auf die Spitzenkandidatur in ihrer Heimat Hessen zu verzichten. Just dort gibt es aber Stimmen, die besagen, Schröder sei mit ihrem vermeintlichen Verzicht einem abschlägigen Votum des Parteitags zuvorgekommen.

Das Gerücht von dem angeblichen Verzicht auf eine weitere Regierungskarriere könnte aus der gleichen Ecke kommen. Doch es gibt viele denkbare Urheber. Von der Kanzlerin ist hier wenig Hilfe zu erwarten. Zwar lässt sie ausrichten, sie arbeite gerne mit Frau Schröder zusammen, allerdings betont Regierungssprecher Steffen Seibert: Merkel habe fünf Monate vor der Wahl „noch keinen inneren geistigen Zuschnitt eines neuen Kabinetts im Kopf“.