Grüne und SPD nennen in ihren Wahlkampfprogrammen gleichlautende Begründungen für eine Vielzahl von Steuererhöhungen. Über die Vorschläge wird jedoch heftig diskutiert.

Berlin - SPD und Grüne nennen in ihren Wahlkampfprogrammen gleichlautende Begründungen für eine Vielzahl von Steuererhöhungen: Sie wollen auf diese Weise einen „handlungsfähigen Staat“ schaffen, der seine Aufgaben erfüllen kann. „Die Steuern auf hohe Einkommen sowie Vermögen und Erbschaften sind in den letzten zwei Jahrzehnten gesunken“, heißt es im Programm der Grünen. Damit der Staat aus der Verschuldung herausfinde, müssten die Einnahmen steigen. Die zusätzlichen Mittel seien auch erforderlich, damit die Parteien ihre Wahlversprechen finanzieren können. Die rot-grünen Pläne im Überblick: Einkommenssteuer: Nach den Plänen von Grünen und SPD sollen gut verdienende Personen mehr Einkommensteuer bezahlen. Der Spitzensteuersatz soll nach dem grünen Programm von zurzeit 42 Prozent (bei Einkommen ab 250 000 Euro sind es heute schon 45 Prozent) auf 45 Prozent steigen – dieser Satz gilt allerdings bereits bei 60 000 Euro zu versteuerndem Einkommen. Wer mindestens 80 000 Euro Einkommen hat, soll künftig 49 Prozent Steuern zahlen. Die Grünen stellen in Aussicht, dass alle Personen mit einem Einkommen unter 60 000 Euro weniger Steuern entrichten. Dies soll dadurch erreicht werden, dass das steuerfreie Existenzminimum von zurzeit 8130 Euro auf 8700 Euro jährlich angehoben wird. Die SPD nimmt sich ebenfalls vor, den Spitzensteuersatz auf 49 Prozent zu erhöhen – dieser soll ab einem zu versteuernden Einkommen von 100 000 Euro für Ledige und 200 000 Euro für Ehepaare gelten.

 

Mittelschicht und Ehepaare werden stärker belastet

Ehegattensplitting: Steuerexperten bezweifeln, dass in dem grünen Steuermodell wirklich alle Menschen mit einem Jahreseinkommen von weniger als 60 000 Euro entlastet werden. Dies hängt mit dem grünen Vorhaben zusammen, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Beim Ehegattensplitting werden Einkommen beider Partner zusammengerechnet und dann rechnerisch halbiert. Auf das halbierte Einkommen wird schließlich jeweils die Steuer berechnet. Wegen der Steuerprogression zahlen bei diesem Verfahren Eheleute, deren Einkommen sich stark unterscheiden, weniger Steuern als wenn jeder einzeln sein Einkommen versteuern würde. „Wir wollen diese Schieflage beseitigen“, sagen die Grünen. Sie treten für eine Individualbesteuerung ein. Streitpunkt zwischen SPD und Grünen ist, wie bestehende Ehen behandelt werden. Die Grünen wollen auch den steuerlichen Status bestehender Ehen ändern und schlagen eine Übergangslösung vor: Nur Haushalte mit einem Einkommen von mindestens 60 000 Euro sollen anfangs durch den Wegfall des Splittings belastet werden. Nach Meinung des Berliner Steuerexperten Frank Hechtner müssten in Westdeutschland Ehepaare mit zwei Kindern ab einem Monatsbruttolohn von 5151 Euro mehr Steuern zahlen. Dies sagte Hechtner der „Süddeutschen Zeitung“. Die Sozialdemokraten wollen das Ehegattensplitting dagegen für künftige Ehen abschaffen. Sie planen einen Partnerschaftstarif, der beide Partner individuell besteuert, aber Unterhaltsverpflichtungen berücksichtigt.

Erbschaftssteuer: Die Grünen wollen das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer verdoppeln. Sie stellen die Verschonungsregeln für Firmenerben auf den Prüfstand. Darüber hinaus soll die Grundsteuer erhöht werden, die Immobilieneigentümer bezahlen. Diese Grundsteuer wird in Form von Betriebskosten an Mieter weiter gegeben. Auch die SPD plant Verschärfungen bei der Erbschaftsteuer. Vergünstigungen für reiche Erben sollen zurückgenommen werden. Dabei denkt die SPD vor allem an die Regelungen bei Firmenerben: Sie sollen Privilegien nur erhalten, wenn sie dauerhaft Jobs sichern.

Auch bei den Krankenkassenbeiträgen wird kassiert

Vermögenssteuer: Die Grünen wollen für zehn Jahre eine Vermögensabgabe einführen, die insgesamt 100 Milliarden Euro einbringen soll. Der Gesetzgeber hat 1997 die Vermögensteuer in Deutschland ausgesetzt. Die Vermögensabgabe soll ab einer Million Euro Vermögen fällig werden. Bei Betriebsvermögen soll die Abgabe auf maximal 35 Prozent des Gewinns begrenzt werden. Bei den Grünen befürchten einige Landespolitiker, dass die Abgabe dem Mittelstand schadet. Die SPD bekennt sich ebenfalls zur Vermögensteuer, lässt die Ausgestaltung aber offen. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will den Mittelstand nicht überfordern.

Bürgerversicherung: Die Grünen wollen zur Krankenversicherung neben Arbeitseinkommen auch Aktiengewinne, Zinsen und Mieteinnahmen heranziehen. Die Beitragsbemessungsgrenze soll erhöht werden. Auch die beitragsfreie Mitversicherung für Eheleute kommt auf den Prüfstand. Wie die SPD sind auch die Grünen dafür, alle Personen in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen – also auch Beamte und Selbstständige.