Der Rektor des Wirtemberg-Gymnasiums reagiert mit einem Brandbrief auf die Pläne von Wolfgang Dietrich, in Zukunft auf das Kolping-Bildungswerk zu setzen. Martin Bitzer ist „entsetzt“ – und wirft Dietrich schlechten Stil vor.

Stuttgart - Wolfgang Dietrich wendet viel Mühe dafür auf, sich als Mann der Bildung zu positionieren. Auf seiner Facebook-Seite hieß der VfB-Präsident die jüngsten Neuverpflichtungen dreisprachig willkommen („Bienvenue, welcome und dobro došao!“). Zur Chefsache hat Dietrich die schulische Ausbildung des VfB-Nachwuchses erklärt.

 

Wie berichtet sollen die Jugendspieler des Zweitligisten künftig geschlossen die private Kolping-Akademie in Fellbach besuchen. In einem Brief unterrichtete der VfB-Boss die staatlichen Eliteschulen des Sports, unter deren Obhut die meisten Nachwuchskicker bislang gestanden hatten, über diesen Beschluss und bedankte sich „für das jahrelange Engagement und die wertvolle Unterstützung“.

Vor Kündigung der Zusammenarbeit kein Gespräch mit der Schule

Nun landete auf Dietrichs Schreibtisch die Antwort des Wirtemberg-Gymnasiums in Untertürkheim, eine jener Schulen, denen die Zusammenarbeit aufgekündigt wurde. Mit Höflichkeitsfloskeln hält sich Schulleiter (und VfB-Mitglied) Martin Bizer nicht auf – „zu überrascht, erschrocken, ja entsetzt war ich und waren alle, die seit Jahren am Aufbau und der Weiterentwicklung dieser Partnerschaft mitwirken“.

Auch der Rest des dreiseitigen Brandbriefs, der dieser Zeitung vorliegt, lässt an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig. Es sei „abenteuerlich, was sich hier vor unseren Augen abspielt“; und es lasse „jegliche Gepflogenheiten des Umgangs miteinander vermissen“. Jahrelang sei seine Schule dem VfB und dessen Spielern entgegengekommen – „und jetzt erhalten wir einen Brief des Präsidenten, der sich bisher bei den Bildungspartnern des VfB noch gar nicht vorgestellt hat, mit der Mitteilung, dass ab jetzt alles anders wird“. Dass kein einziges Gespräch stattgefunden habe, schreibt Bizer, „ist schlechter Stil, sehr geehrter Herr Präsident Dietrich!“.

Soll Schulpflicht mit möglichst wenig Aufwand erfüllt werden?

Nicht nur mit Stilfragen beschäftigt sich der Rektor, sondern setzt sich vor allem inhaltlich mit dem VfB-Konzept auseinander. Die von Dietrich dargelegte Neuordnung lasse „auf eine völlige und eigentlich erschreckende Unkenntnis der bestehenden und bewährten Strukturen des Hochleistungssports in Baden-Württemberg schließen“. Auf die vielen Positivbeispiele der bisherigen Partnerschaft verweist Bizer und fragt: „Meinen Sie, dass Joshua Kimmich (Nationalspieler und 1,7-Abiturient am Wirtemberg-Gymnasium, Anm. d. Red.) zum Leader geworden wäre, wenn er neben dem Vollzeitfußball-Dasein nicht auch noch die reale Welt der Schule, die Welt der Mitschüler erlebt hätte?“ Seine Prognose für den VfB-Nachwuchs fällt daher „wenig schmeichelhaft“ aus: „Die soziale und schulische Vereinsamung wird zunehmen, die Leistungsfähigkeit, gemessen an Noten und Abschlüssen, wird sinken.“

Aus Sicht der staatlichen Schulen steckt hinter dem VfB-Plan nicht das Ansinnen, Kickern eine möglichst gute Ausbildung zu ermöglichen. Sondern das Ziel, die Schulpflicht mit möglichst wenig Aufwand zu erfüllen. „Aber hier handelt es sich um die Zukunft der jugendlichen Leistungsträger, die ein Recht auf eine allumfassende schulische Ausbildung haben“, schreibt Bizer und geht davon aus, „dass in Bälde Gespräche mit allen Beteiligten stattfinden werden“.