Kultur: Tim Schleider (schl)

Das ist das Interessante, wenn man sich mit Kulturleuten der Generation Gerlitz unterhält: Sie haben zwar auch den „Tod in Venedig“ in der Stuttgarter Oper und die „Räuber“ im Schauspielhaus gesehen und fanden es auch interessant. Aber bei der Frage nach Kulturwünschen geht es kaum um einzelne Inszenierungen und Künstler und ihre weltverändernden Botschaften, um das gesellschaftskritische Potenzial der Künste, um irgendein „J’accuse!“. Es geht um die Qualität von Erlebnissen. „Kultur muss ein besonderer Ort sein, wo Menschen etwas gemeinsam erleben, etwas Festliches oder Sinn-Stiftendes. Es geht immer auch um Austausch von Meinungen und neuen Ideen.“ Hat er so so etwas in Stuttgart jüngst erlebt? „Ich fand zuletzt den ,Menschenfeind’ am Schauspielhaus klasse. Es war auch für die Zuschauer mehr wie eine Party, ein Musikabend. Da hatte man hinterher was zu reden.“

 

Welches Projekt würde der nun fertig ausgebildete Kulturmanager in Stuttgart verwirklichen, wenn er Geld und Macht dazu hätte? „In der Kulturhauptstadt Aarhus gibt es die Bibliothek Dokk1, die nicht nur Bücher bietet, sondern auch Probenräume, Ateliers, kleine Bühnen, Projektbüros. Da sind den ganzen Tag Leute unterwegs, da entsteht vielleicht jeden Tag eine neue Idee.“ Solch ein Kulturhaus nun auch in Stuttgart? „Ja. Und abends inszeniert Barrie Kosky von der Komischen Oper Berlin hier eine große Operette aus den Zwanzigern“. So läuft das jetzt: Peymann und Castorf auf Rente in der Toskana – Generation Gerlitz auf WG-Suche im Kessel.