Die Stadt untersagt dem Verein Fabrik für Kunst und Kultur alle Veranstaltungen wegen gravierender Sicherheitsmängel an der ehemaligen Soldaten-Kirche im Göppinger Stauferpark.

Göppingen - Die Stadt hat die Reißleine gezogen. Der Verein Fabrik für Kunst und Kultur (FKK) darf in der Chapel im Stauferpark keinerlei Veranstaltungen mehr abhalten. Der Discoabend „Kryptonite“ an diesem Freitag ist abgesagt. Ob eine Vollmondparty, die am 15. Februar steigen sollte, stattfindet, steht in den Sternen, ebenso wie die Deutsch-Hip-Hop-Party, die für den 21. Februar geplant war.

 

Brandschutz muss nachgebessert werden

„Wir haben am Donnerstag den Bescheid bekommen, dass wir aus Brandschutzgründen keine Veranstaltung mehr durchführen dürfen“, erklärt Alexander Knüppel, der zweite Vorsitzende des Kulturvereins, der vor mehr als 15 Jahren die frühere US-Kasernen-Kirche für sich entdeckt hat. Der Verein hat zwar immer nur eine geringe Miete für das Gebäude bezahlt, dafür aber die Chapel selbst instand gesetzt und in Schuss gehalten.

Kosten von 200 000 Euro sind zu viel für den Verein

Verschärfte Brandschutzvorschriften hatten bereits im vorigen Jahr den Verein an seine Grenzen gebracht. Rund 200 000 Euro sollten plötzlich für notwendige Verbesserungen investiert werden. Die erste Maßnahme sollte der Einbau von Brandschutztüren für rund 35 000 Euro sein. Dafür gewährte die Stadt einen Zuschuss in Höhe von 10 000 Euro. „Wir haben damit bereits begonnen“, sagt Alexander Knüppel. Fertig geworden ist man nicht. Sicherheitshalber hatte sich der Verein aber für seine traditionsreiche Bellino-Party am ersten Weihnachtsfeiertag bereits in die benachbarte Werfthalle eingemietet. 2500 Besucher sind gekommen.

Gefahr für Leib und Leben

Die Stadträte hatten vor einem halben Jahr noch bekräftigt, wie wichtig ihnen die Erhaltung des Vereins sei. Der Gemeinderat hat, wie erwähnt, entsprechend einen Zuschuss gewährt. Zugleich wurde ein Sanierungsplan festgelegt. Dazu wurde das Gebäude untersucht, und es zeigte sich, dass die Mängelliste weit länger ist, als gedacht. Unter anderem soll auch die gesamte Elektrik im Gebäude derart marode sein, dass davon „Gefahr für Leib und Leben“ ausgehe, wie es in einem Gutachten heißt.

Verein ringt um schnelle Lösung

Somit kam das Baurechtsamt zu dem Schluss, den Veranstaltungsort ad hoc zu schließen. Wie es weiter gehen soll, ist völlig offen. „Für uns ist wichtig, dass wir möglichst schnell wenigstens die Krypta wieder benutzen können“, erklärt Alexander Knüppel. Die Krypta ist der kleinere von zwei Veranstaltungsräumen in der ehemaligen Kirche, in der zumindest kleinere Veranstaltungen, Konzerte oder Discos mit immer noch bis zu 200 Besuchern stattfinden können. Knüppel geht davon aus, dass der Verein diesen Teil der Chapel relativ schnell mit Hilfe von Fachleuten technisch ausreichend sanieren kann. Allerdings macht er auch klar, dass der Verein eine Generalssanierung aus eigner Kraft niemals stemmen könne.

Gemeinderat muss entscheiden

Die Stadt hat Unterstützung signalisiert. „Uns ist der Verein mit seinen Aktivitäten im Stauferpark sehr wichtig“, erklärt die Kulturbürgermeisterin Gabriele Zull. Es gehe nun darum, rasch eine Lösung zu finden. „Natürlich muss man dabei berücksichtigen, was der Verein, aber auch was die Stadt leisten kann“, sagt sie. Und natürlich sei es entscheidend, dass der Verein möglichst schnell weiterarbeiten könne, damit auch Geld in dessen Kasse fließe. „Das alles muss aber mit dem Gemeinderat abgestimmt werden“ sagt Zull.

Partys vorerst abgesagt

„Das kann sich alles auch ganz schön in die Länge ziehen“, gibt Unheil ahnend Alexander Knüppel zu Protokoll. Unabhängig von den Sofortmaßnahmen werde dann wohl auch über Geld gesprochen, über die Höhe der Miete etwa, über die sich mögliche Investitionen der Stadt in das Gebäude amortisieren sollen, oder auch darüber, dass der Verein die Räume verstärkt auch anderweitig vermieten müsse, so Knüppel.

Zunächst steht allerdings ein Besichtigungstermin mit den Gutachtern und Vertretern der Stadt an. Dieser soll am kommenden Montag stattfinden.

Somit ist die Vollmond-„Belluna“-Party in der Chapel, zu der einige Hundert Besucher erwartet wurden, ebenso abgesagt wie die Hip-Hop-Disco unter dem Motto „Füchse sind gar keine Rudeltiere“, die seit Jahren in Tübingen läuft und jetzt erstmals in der Krypta auch in Göppingen stattfinden sollte. Aber noch hat der Verein die Flinte nicht ganz ins Korn geworfen; noch sucht er nach einem Ausweichquartier.

Hintergrund

Historie

Die einstige „Soldier Chapel” wurde im Jahr 1953 im Auftrag der US-Armee als Kirche und seelsorgerische Einrichtung für die Soldaten der Göppinger Cooke-Barracks und deren Angehörige erbaut. Nach dem Abzug der amerikanischen Truppen 1992 stand das Gebäude zunächst leer. Bis sie 1998 der Kulturverein für sich entdeckte.

Chapel

Der Verein „Fabrik für Kunst und Kultur” hatte ein Domizil gesucht, nachdem das einstige Vereinsgebäude, die Fabrikhalle der „Spinnerei Gutmann“, auf dem Bellino-Gelände abgerissen worden war. 2001 wurde die Chapel ausdrücklich von der Vermarktung im Stauferpark ausgenommen und ihr eine Art Bestandsschutz eingeräumt.

Verein

Der Verein wurde 1994 gegründet. Er veranstaltet Discos, Konzerte, Ausstellungen und Lesungen, darunter das Christmas-Shopping oder überregional anerkannte Gothic-Festivals oder früher auch eine Kinder-Kulturwoche. Er bietet damit vor allem jenen Genres Raum, die ansonsten kaum Platz in der Göppinger Kulturlandschaft finden