Im Rems-Murr-Kreis haben am Dienstag laut der IG Metall rund 1800 Beschäftigte in der Elektro- und Metallindustrie die Arbeit niedergelegt. Für den Ersten Bevollmächtigten Matthias Fuchs „ein klares Signal an die Arbeitgeber“ vor der dritten Verhandlungsrunde.

Waiblingen - Rot und Weiß sind am Dienstagnachmittag die zwei wichtigsten Farben auf dem Waiblinger Marktplatz gewesen. Kein Aufmarsch von Fußballfans: Die IG Metall hatte zu einer Kundgebung geladen – als Warnschuss für die Arbeitgeber vor dem Beginn der dritten Verhandlungsrunde an diesem Mittwoch.

 

Rund 600 Beschäftigte der Firmen Stihl, Bosch, Norgren, des Remswerks und weiterer Betriebe nahmen an einem Demonstrationszug teil, der vom Stihl-Werk beim Waiblinger Bahnhof bis in die Altstadt führte. Auf dem Marktplatz gab es kämpferische Reden, Pfiffe, Beifall und Musik von der Band Heilandzack, die Songs wie den „Superarsch-Boogie“ zum Besten gab.

1800 Beschäftigte im Ausstand

Insgesamt 1800 Beschäftigte im Rems-Murr-Kreis hätten die Arbeit niedergelegt, sagte Matthias Fuchs, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Waiblingen: „Wir sind sehr zufrieden mit der breiten Unterstützung in den Betrieben.“ Bislang hätten sich rund 5000 Menschen im Rems-Murr-Kreis an diversen Aktionen beteiligt: „Das ist ein klares Signal an die Arbeitgeber.“

Allein bei der Firma Stihl waren laut dem Betriebsratsvorsitzenden Udo Salomon am Dienstag 500 Beschäftigte im Ausstand. „In der Frühschicht lief nichts mehr“, sagte auch Gürhan Ag vom Bosch Kunststofftechnik-Werk in Waiblingen. Udo Salomon bezeichnete das letzte Angebot der Arbeitgeber, eine Lohnerhöhung um 2,2 Prozent, als „völlig inakzeptabel". Die Aufforderung des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, die IG Metall müsse sich bewegen, beantwortete Salomon so: „Wenn es in der nächsten Runde kein Ergebnis gibt, dann werden wir uns noch mehr bewegen. Aber vor den Werkstoren.“

Etwa die Hälfte der Stihl-Belegschaft habe sich von den Forderungen der Gewerkschaft „anstecken lassen“, sagte Salomon, und zählte letztere auf: Neben einer Lohnerhöhung von 5,5 Prozent fordere die IG Metall „eine Altersteilzeit, die es ermöglicht, dass auch Leute mit niedrigerem Einkommen mit Würde in Rente gehen können“. Bernd Jelinka, der Betriebsratsvorsitzende der Fellbacher Firma Norgren sagte, die Altersteilzeit sei „ein heißes Thema“ in seinem Betrieb, gerade auch für Beschäftigte, die in schlechter bezahlten Jobs tätig seien, denn: „In der Montage kann man heute nicht mehr bis zum Alter von 67 arbeiten.“

Ungelernte müssen qualifiziert werden

„Die Arbeitgeber müssen nicht nur in Maschinen investieren, sondern auch in Menschen“, sagte Udo Salomon im Hinblick auf eine geförderte Bildungsteilzeit, die „Bildungschancen für alle sozialen Schichten“ biete. Es mache keinen Sinn, wenn Arbeitgeber einerseits über Fachkräftemangel klagten, andererseits aber nicht in die Weiterbildung ihrer Beschäftigten investieren wollten. Gürhan Ag sagte, in seinem Betrieb gebe es „ 30 bis 35 Prozent An- und Ungelernte“, die qualifiziert werden müssten, denn die einfachen Jobs fielen immer mehr weg.

Die Weiterbildung ist auch für Jeffrey Bay, den Vorsitzenden der Jugendorganisation der Gewerkschaft (JAV), ein wichtiges Thema. „Die Arbeitgeber wollen dafür keinen Cent ausgeben“, klagte Bay, „die ganzen Kosten müssen die Arbeitnehmer tragen. Hat man dann seinen Techniker, Bachelor oder Master-Abschluss gemacht, ist man natürlich wieder herzlich willkommen in der Firma.“

Für das Ende der kommenden Woche plant die IG Metall im Kreis weitere Warnstreiks, falls es an diesem Mittwoch zu keiner Einigung kommt. Und man werde, so Matthias Fuchs, die Kollegen auf eine mögliche Urabstimmung vorbereiten.