Der Stuttgarter Künstler Horst Kuhnert hat seine Plastik vom Bismarckplatz aus den 1980er Jahren renoviert. Bei der Arbeit hat er sich damals von den Formen der Elisabethkirche inspirieren lassen.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Seit 32 Jahren plauschen sieben Stelen auf dem Wiesle am Bismarckplatz miteinander. Nur kürzlich waren sie mal eine Weile weg: Der Künstler Horst Kuhnert hat seine Plastik „Kommunizierende Gruppierung 82“ für einige Wochen mitgenommen und renoviert.

 

Die Stadt hatte die sieben Stelen aus weiß lackiertem Fieberglas 1982 gekauft, weil die Bewohner im Quartier sie unbedingt haben wollten. Die Arbeit hatte zunächst im Rahmen einer Kunstaktion nur probehalber auf dem Bismarckplatz gestanden. Nach Ablauf eines Jahres wurden die Bürger gefragt, ob sie die elegante weiße Plastik gerne behalten wollten. Nach einem einhelligen „Ja“ der Bevölkerung, kaufte die Stadt Kuhnerts Arbeit.

Nicht bloß der Zahn der Zeit nagte an der Plastik

Die Bürger hatten Kunstsinn demonstriert: Denn obwohl der Titel der Arbeit, „Kommunizierende Gruppierung 82“, den Schluss nahe legen könnte, es handele sich um eine figurative Plastik mit Wohlfühlthematik, geht es um ein abstraktes Werk, zu dem der Betrachter nicht ohne Umschweife Zugang findet. Kuhnert, von Haus aus Maler und Grafiker, ist im Konstruktivismus verwurzelt. „Eigentlich denke ich stur von der Form her.“ Formal hätten ihn zunächst die Rundbögen an der Elisabethkirche am Bismarckplatz inspiriert. „Die Idee zu einer Gruppe kam mir erst während des Entwurfs“, erzählt der 75-Jährige. Er habe dann die oberen Enden der Stelen leicht geneigt wie Köpfe. „Die Andeutung reichte mir, ich wollte ja die Spannung halten. Man muss nicht alles austreten.“ Und so ist seine Plastik zu einer Art Vexierbild geraten, in dem der Betrachter wechselweise ein Ensemble schlanker, weißer Stelen sieht oder aber sieben Menschen, die locker, schwatzend beieinander stehen. „Ich habe vorhin auf der Bank davor gesessen und mich mit zwei Männern unterhalten“, berichtet der Künstler schmunzelnd. „Einer hat mich gefragt, ob das die ‚Sieben Schwaben’ darstellen sollen.“

Über die Jahrzehnte hat nicht bloß der Zahn der Zeit – in Form von Witterung, Abgasen und Schmierereien – an der Plastik genagt, sondern insbesondere die Rasenmäher der Grünflächenpfleger. Immer wieder schrappten sie an den Füßen der Gruppe entlang, schlugen Macken ins Fieberglas. Die aufwendige Sanierung hat vier Wochen gedauert. Kuhnert hat sie in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt erledigt. „Für uns ist es ein Glücksfall, wenn wir den Künstler selbst mit einer Restaurierung beauftragen können“, sagt Kunstreferent Gerd Dieterich. „Er hat das beste Verständnis für sein Werk.“ In ihrem strahlend frischen Weiß sticht die Plastik nun ins Auge.

Auch öffentliche Flächen werden ins Visier genommen

Der Künstler Kuhnert meint: „Ich denke, sie ist auch ein Blickfang im Rahmen der bevorstehenden Neugestaltung des Stadtteils.“ Im vergangenen Jahr wurde der Kernbereich des dicht besiedelten Stuttgarter Westens rund um Bismarckplatz, Bismarckstraße, Schlossstraße, Johannesstraße, Ludwigstraße und Vogelsangstraße in das Bund-Länder-Programm „Innenentwicklung – aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ aufgenommen und mit Fördermitteln ausgestattet. Ein großes Bauschild zeigt, was hier alles auf den Weg gebracht werden soll.

Die Eigentümer im Sanierungsgebiet erhalten Zuschüsse und Beratung für Modernisierungen ihrer Gebäude. Selbstverständlich werden auch die öffentlichen Flächen ins Visier genommen: Die Aufwertung des Bismarckplatzes als Aufenthaltsfläche und Quartierszentrum, die Lösung von Nutzungskonflikten in der Elisabethenanlage, die denkmalgerechte Umgestaltung der Johannesstraße und die Verbesserung der Grün- und Freiflächen stehen auf der Agenda. Weitere Ziele sind die Aufstockung des familien- und altengerechten Wohnungsangebots sowie der Erhalt von Einzelhandel, Dienstleistungen, Gewerbe und der Kultureinrichtungen.