Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)

Und manches kommt immer wieder: etwa ein Pferd, das mitten auf einem Weg liegt. „Immer genau an der gleichen Stelle ist mir früher das Pferd vor dem Wagen liegen geblieben“ , erzählt Karl Hurm. Warum sich das Pferd stets ein paar Minuten lang hinlegen musste an immer derselben Stelle, weiß Karl Hurm bis heute nicht. Irgendwann ist es wieder aufgestanden, und irgendwann ist es wieder weitergelaufen.

 

In einigen Bildern stehen abgeholzte Wälder, Karl Hurm erinnern sie an die Zeit nach dem Krieg und die Besatzung durch die Franzosen, die das Holz aus Haigerloch gut gebrauchen konnten, wie er glaubt. In anderen Bildern wird das ländliche Panorama durchschnitten von Strommasten. Als Hurm ein Kind war, wurde ein Bauer im Dorf von einem herabfallenden Kabel auf dem Feld getötet. Diese Geschichte erzählte man sich oft, wenn es zum Unkrautjäten auf die Weildorfer Rübenäcker ging. Auch Karl Hurm hat sie nie vergessen. „Ich habe auf dem Acker immer gedacht: Jetzt könnte doch auch was runterfallen.“ Die Masten drängen sich in viele seiner Bilder.

Kräftige Farben, Rot, Grün, Blau dominieren die Ölgemälde, die Jahreszeiten sind immer erkennbar. Doch bei Karl Hurm geht es nicht um ein verklärendes Porträt seiner Heimat. Seine Kunst ist alles andere als harmlos. Sie hat etwas Existenzielles, das irgendwo zwischen der übervollen Lebendigkeit der Rothaarigen und den ausgelaugten Gesichtern des abgemagerten Viehs zu finden ist. Wer den Maler fragt, warum bei ihm die Frauen aus den Bäumen hängen, der hört: „Apfelernte“. Und das ist eine sehr gute Erklärung. Nirgendwo, das spürt der Betrachter, liegt alles so nah beieinander wie hier auf dem Land, die Arbeit und das Vergnügen, der Tod und das Leben, das Vieh und der Mensch, das Reife und das Verblühte, die Fantasie und der Alltag.

Manchmal besucht Karl Hurm seine Dauerausstellung in der Haigerlocher Ölmühle und schaut, was die Besucher ins Gästebuch geschrieben haben. An diesem Nachmittag entdeckt er ein Bild, das im Rahmen nach unten gerutscht ist. „Hier gibt es Arbeit“, murmelt Hurm. Das Bild zeigt eine Stadtlandschaft, in deren Mitte drei kleine Männer stehen. Karl Hurm schaut genau hin und schmunzelt: „Die waren wohl zu schwer.“

So beleibt die Damen, so hager ist das Vieh, das fällt auf. Hurms Vater hat nach dem Krieg die mageren, billigen Kühe gekauft, um sie dann aufzupäppeln und wieder zu verkaufen. Während die Schulkameraden ihre prallen Viecher vor die Wagen spannen konnten, mussten die dürren Hurm-Kühe erst zu Kräften kommen. Jetzt liegen sie nur noch in den Bildern Karl Hurms herum. Gezeichnet hat der Künstler schon als Kind im Bauernhaus. Einmal, etwa im Alter von zehn, hat er zum Fenster hinaus gezeichnet, wie er sagt, am Sims, auf die Mutter wartend. Ein paar Nachbarn, die Milch holen gingen, verewigte er in einem Bild. Als die Mutter zurückkam und die Zeichnung sah, erkannte sie die Nachbarn sofort. Von da an erzählte sie allen Leuten im Dorf, wie gut ihr Sohn zeichnen könne.

Heute geht man im Wohnhaus bis ganz unters Dach, um den Arbeitsplatz des Künstlers zu entdecken: ein winziger Raum mit einem großen Dachfenster, direkt darunter drängen sich ein Tisch und eine Staffelei, Hunderte Pinsel stehen in Dutzenden Gläsern verteilt. Nur das Licht ist deutlich besser als beim „Armen Poeten“ von Carl Spitzweg, an den man hier unweigerlich denken muss. Auf der Bühne nebenan lagern die Schachteln und Kisten, in denen Karl Hurm seine Fundobjekte nach Farben sortiert hat. Kleine Deckel, Tuben, Löffel, Teebeutel, Verschlüsse, Stifte und Plastikverpackungen warten darauf, zusammen zu einem in den Himmel wachsenden Stadthaus zu werden – auf einem von Karl Hurms Materialbildern.

Die Werke an den Wänden sind nicht mehr zu verkaufen. „Sie gehören zum Haus“, sagt der Künstler. Viele dieser Bilder stammen aus den 80er Jahren. Die Gemälde zeigen ein Dorfleben, aber auch Fantasieträume wie das „Himmelbett im blauen Zimmer“, in dem eine Rothaarige wartet. Verschlungene Ornamente, üppige Blumen und Verzierungen schmücken das Traumbild. Auch Eindrücke von Reisen erkennt man in Karl Hurms Malerei: ein Reetdachhaus, das Hurm in Schleswig-Holstein gesehen hat, eine Sängerin, die aussieht wie Tina Turner, ein blauer Tennisplatz in Australien, englische Kinder in Schuluniformen.

Kraftvolle Poesie

Und manches kommt immer wieder: etwa ein Pferd, das mitten auf einem Weg liegt. „Immer genau an der gleichen Stelle ist mir früher das Pferd vor dem Wagen liegen geblieben“ , erzählt Karl Hurm. Warum sich das Pferd stets ein paar Minuten lang hinlegen musste an immer derselben Stelle, weiß Karl Hurm bis heute nicht. Irgendwann ist es wieder aufgestanden, und irgendwann ist es wieder weitergelaufen.

In einigen Bildern stehen abgeholzte Wälder, Karl Hurm erinnern sie an die Zeit nach dem Krieg und die Besatzung durch die Franzosen, die das Holz aus Haigerloch gut gebrauchen konnten, wie er glaubt. In anderen Bildern wird das ländliche Panorama durchschnitten von Strommasten. Als Hurm ein Kind war, wurde ein Bauer im Dorf von einem herabfallenden Kabel auf dem Feld getötet. Diese Geschichte erzählte man sich oft, wenn es zum Unkrautjäten auf die Weildorfer Rübenäcker ging. Auch Karl Hurm hat sie nie vergessen. „Ich habe auf dem Acker immer gedacht: Jetzt könnte doch auch was runterfallen.“ Die Masten drängen sich in viele seiner Bilder.

Kräftige Farben, Rot, Grün, Blau dominieren die Ölgemälde, die Jahreszeiten sind immer erkennbar. Doch bei Karl Hurm geht es nicht um ein verklärendes Porträt seiner Heimat. Seine Kunst ist alles andere als harmlos. Sie hat etwas Existenzielles, das irgendwo zwischen der übervollen Lebendigkeit der Rothaarigen und den ausgelaugten Gesichtern des abgemagerten Viehs zu finden ist. Wer den Maler fragt, warum bei ihm die Frauen aus den Bäumen hängen, der hört: „Apfelernte“. Und das ist eine sehr gute Erklärung. Nirgendwo, das spürt der Betrachter, liegt alles so nah beieinander wie hier auf dem Land, die Arbeit und das Vergnügen, der Tod und das Leben, das Vieh und der Mensch, das Reife und das Verblühte, die Fantasie und der Alltag.

Manchmal besucht Karl Hurm seine Dauerausstellung in der Haigerlocher Ölmühle und schaut, was die Besucher ins Gästebuch geschrieben haben. An diesem Nachmittag entdeckt er ein Bild, das im Rahmen nach unten gerutscht ist. „Hier gibt es Arbeit“, murmelt Hurm. Das Bild zeigt eine Stadtlandschaft, in deren Mitte drei kleine Männer stehen. Karl Hurm schaut genau hin und schmunzelt: „Die waren wohl zu schwer.“

Ausstellung

Noch bis zum 16. Februar 2014 ist die Ausstellung „Farben, Geschichten, Poesien“ von Karl Hurm in der Sammlung Würth in Künzelsau zu sehen.