Ein Zank überschattet den 20. Kunstmarkt des Bürgervereins im Spitalhof. Ein Anwohner-Ehepaar stimmt der Bewirtung nicht zu und schiebt somit dem Würstlestand einen Riegel vor.

Möhringen - Die zwei Mädchen, alt genug, um Alkohol kaufen zu können, aber zu jung zum Autofahren, stehen unter dem Steinbogen. Der schirmt sie nicht nur von dem Nieselregen ab. Sie haben so auch einen Blick auf den Spielplatz neben dem Spitalhof. Während hinter ihnen die Kunsthandwerker an ihren Ständen ihre Waren verkaufen, breitet sich vor ihnen das Stück Grün mit Sandkasten aus, um das ein skurriler Streit entbrannt ist. „Die treffen sich hier wohl zum Trinken“, sagt das eine Mädchen. Mit die meint sie andere Jugendliche. Beide zucken mit den Schultern.

 

Es ist Samstag, der Himmel ist wolkenverhangen, und im Herzen von Möhringen lädt der Bürgerverein zum Kunstmarkt. Es ist eigentlich eine runde Sache, schließlich ist es die 20. Auflage in diesem Jahr. Die Veranstaltung ist schon so etwas wie eine kleine Institution im Flecken. Kunsthandwerker reisen an, sie wollen ihre Keramiken, Malereien, Holzfiguren Schmuckstücke feilbieten. Aber, nun ja, das Wetter meint es nicht gut mit den Veranstaltern. Und ein Nachbar auch nicht.

Keine Würstchen in diesem Jahr

„Ich bin seit vier Jahren hier“, sagt eine Frau, die ihre Bilder mit Folien abgedeckt hat. Sie sitzt auf einem Stuhl unter einem kleinen Zeltdach, die Tropfen prasseln auf den Kunststoff über ihr. „Die Leute gehen nur an den Ständen vorbei“, sagt sie. „Vergangenes Jahr war mehr los.“ Aber für die Standmiete, die ohnehin recht bescheiden ist, wird es an diesem Tag wohl noch reichen, sagt sie. „Das Wetter vertreibt mir die Kunden“, sagt auch ein Schmuckhersteller. „Das ist schade, denn der Bürgerverein gibt sich immer viel Mühe.“ Auf seinem Tisch liegen Ringe und Ketten, das urzeitliche Haus eines Ammoniten hat er aufgesägt, poliert und lackiert. „Aber vielleicht hat es auch mit der fehlenden Bewirtung zu tun“, sagt er. „Da gab’s wohl Händel.“

Das kann man durchaus so ausdrücken. In den vergangenen Jahren hatten die Helfer des Bürgervereins auf dem Spielplatz gleich nebenan immer ihren Grillstand aufgebaut. Die Familie Kilcioglu hat das in diesem Jahr verhindert. Sie fühlen sich von den Jugendlichen, die dort abends sitzen, belästigt. Mehmet Kilcioglu zog deshalb vor Gericht. Das entschied, dass der Spielplatz abends abgeschlossen werden muss. Im Gegenzug könnte der Nachbar ja der Bewirtung zustimmen. Weil das mit dem Schließen aber nicht so klappe, wie er das will, hat er dem Würstlestand einen Riegel vorgeschoben. „Wir stimmen nicht zu, weil die Stadt ihren Verpflichtungen nicht nachkommt“, hatte Birgit Laatsch-Kilcioglu vergangene Woche gesagt.

Bierbänke und Tische bleiben ungenutzt

Gönül Koç, eine Frau mit quirligen, blonden Haaren, kann das nicht verstehen. Auch sie wohnt direkt am Spielplatz, von ihrer Dachgeschosswohnung über der Möhringer Bücherei aus sieht sie zudem den Lesegarten ein. Die Stadt hat sie beauftragt, Torwächter zu sein. „Um acht Uhr ist das immer geschlossen, plus/minus ein bisschen, je nachdem“, sagt sie. „Es gab nur zwei Ausnahmen.“ Einmal war sie krank, das andere Mal „war so schlimmes Wetter“. Koç macht sich Vorwürfe. „Ich fühle mich jetzt schlecht, dass keiner Würstchen bekommt“, sagt sie. „Und ich will ja nicht, dass er die Stadt noch einmal verklagt.“ Den schwarzen Peter will sie sich aber nicht zuschieben lassen. „Wenn er so leben will, muss er auf eine Insel ziehen.“

Davon bekommen die Besucher am Samstag recht wenig mit. Der Himmel klart auf, und schon bleiben einige an den Ständen stehen und schauen sich alles ganz genau an. Dazu gehören auch die Plakate, die der Bürgerverein überall befestigt hat. Auf denen steht, dass die Bewirtung dieses Jahr wegen eines Nachbarschaftsstreits ausfällt. Die Bierbänke und Tische haben die Helfer dennoch herangekarrt. Zusammenklappt sind sie vor dem Spielplatz aufgestapelt.