Kein schöner Anblick: Die Fliesenbilder im Kurpark in Bad Cannstatt werden regelmäßig beschmiert und besprüht. Renate Esenwein hat das Kunstprojekt initiiert. Die ehemalige Lehrerin fordert mehr Beleuchtung, um die Täter fernzuhalten.

Bad Cannstatt - Obwohl sie schon im Ruhestand ist und gar nicht mehr in Bad Cannstatt wohnt, kehrt Renate Esenwein immer wieder in den Kurpark zurück. Denn dort ist das Kunstprojekt, das die frühere Lehrerin gemeinsam mit Schülern des Johannes-Kepler-Gymnasiums und der Steinbeisschule gemacht hat. Eine Sache lässt ihr jedoch keine Ruhe: Immer wieder werden die bunten Fliesen-Bilder beschmiert und besprüht.

 

„Als ich damals hierher an die Schule kam, war das eine sehr verwahrloste Ecke. Ich dachte, das kann doch nicht sein, direkt neben der Schule“, erzählt sie. Es entstand die Idee des Kunstprojekts, um den Park aufzuwerten. Esenwein kümmerte sich um Sponsoren, holte die Genehmigungen ein. Im Zeitraum von 2006 bis 2015 realisierte sie das Projekt mit gut 200 Schülern der beiden Schulen. Diese bemalten mehr als 2500 Fliesen und verschönerten damit die Anlage im Unteren Kurpark.

Bitten, den Ort zu achten, werden ignoriert

„Sprüche in 23 Sprachen sind neben Bildmotiven auf der Mauer zu lesen, alle mit positivem und nicht mit politischem oder religiösem Inhalt. Es liegt also keinerlei Provokation darin“, sagt Esenwein. Ebenso habe man Bitten angebracht, den Ort zu achten und nicht zu verunreinigen – jedoch vergebens. Immer wieder werden sie beschmiert. „Die Fliesen sind bei 1250 Grad gebrannt und damit sehr widerstandsfähig“, erklärt Esenwein. Nachhaltig beschädigen kann man sie mit den Schmierereien also nicht. Die Farbe kann relativ einfach wieder entfernt werden. Das tut die ehemalige Lehrerin regelmäßig mit ihren Schülern; denn sie leitet weiterhin ehrenamtlich eine Keramik-AG und kommt mit diesen immer wieder in den Kurpark, um die Fliesen zu reinigen.

Auch spricht Esenwein Jugendliche an, die sich im Park aufhalten, oder auch Obdachlose. Mit vielen Anwohnern sei sie ebenfalls schon ins Gespräch gekommen. Bei den meisten bekomme sie positive Rückmeldung, erzählt sie. „Ich wünsche mir, dass an den Schulen mehr darüber aufgeklärt wird, dass man so etwas nicht macht“, sagt sie. Manch Jugendlicher habe zu ihr gesagt: „Ich find’ die Bilder schön. Aber das bleibt doch eh nicht so und wird wieder beschmiert.“ Das könne nicht sein, findet Esenwein. „Dieser Park ist eine grüne Lunge, es ist etwas, was Bad Cannstatt auszeichnet.“ Es dürfe nicht sein, dass er wieder verwahrlose.

Der Arbeitskreis Lichtplanung diskutiert darüber

Ein Scheinwerfer mit Bewegungsmelder, der neben dem Brunnen installiert worden ist, reicht offenbar nicht aus, um Schmierfinken abzuhalten. Renate Esenwein wünscht sich daher mehr Beleuchtung für den Park. „Ich habe das mehrfach bei der Stadt angesprochen“, erzählt sie. Das Gartenamt jedoch ist überzeugt, dass dies nicht zielführend ist. „Gegen Graffiti hilft kein Licht“, sagt Kilian Bezold. Im Gegenteil gehe man davon aus, dass dies Jugendliche eher noch ansporne. Das Gesprühte wird sozusagen ins rechte Licht gerückt. Dennoch werde man bei der nächsten Sitzung des Arbeitskreises Lichtplanung die Wegebeleuchtung im Kurpark erneut diskutieren, so der Mann vom Gartenamt.

Zwar sei ein Antrag im Bezirksbeirat schon einmal abgelehnt worden, weil man Grünanlagen tendenziell nachts nicht beleuchten wolle. Die Natur brauche Ruhe. „Uns geht es aber um das Wohlbefinden der Leute und das Thema Angstraum“, erklärt Bezold. Es gelte daher nun, die Bedürfnisse der Passanten und den Umweltaspekt sowie die Energiekosten abzuwägen. „Denn man kann durchaus ohne größeren Umweg auf einem beleuchteten Gehweg außen herum gehen“, sagt er. Im März soll eine Entscheidung fallen.

Renate Esenwein jedenfalls gibt die Hoffnung nicht auf, dass sie über die Problematik aufklären und mehr Jugendliche sensibilisieren kann. Sie wird die Fliesen weiterhin reinigen und auch Jugendliche ansprechen, wenn sie dort welche trifft. „So lange ich lebe, lasse ich nicht nach“, sagt sie. „Schönes darf nicht zerstört werden.“