Das auf La Réunion gefundene Wrackteil könnte zu der verschollenen MH370-Maschine gehören. Noch wurde die These aber nicht bestätigt.
 

Saint-Denis - Ein angeschwemmtes Wrackteil auf einer Insel im westlichen Indischen Ozean könnte die erste heiße Spur zum verschollenen Malaysia-Airlines-Flug MH370 sein. Australiens Vize-Premierminister Warren Truss hält es für eine „realistische Möglichkeit“, dass das etwa zwei Meter lange, mit Muscheln besetzte Teil von dem mit insgesamt 239 Menschen verschwundenen Flugzeug stammt.

 

Australien koordiniert die Suche nach MH370 im südlichen Indischen Ozean. Dort, etwa 4000 Kilometer von der Fundstelle entfernt, soll MH370 der Theorie zufolge vor 16 Monaten abgestürzt sein. Winde und Strömungen könnten schwimmende Teile so weit bringen, sagen Meeresforscher. Der Fund auf der französischen Insel La Réunion, Hunderte Kilometer vor der Ostküste Afrikas, sei eine bedeutende Spur, sagte Truss am Donnerstag weiter.

An dem Wrackteil, das eine Flügelklappe zu sein scheine, sei die aufgedruckte Nummer BB670 gefunden worden. Das sei keine Serien- oder Registrierungsnummer, aber vielleicht eine Wartungsnummer. Auch diese könne helfen, die Herkunft des Flugzeugteils zu bestimmen. Das Flugzeug war am 8. März 2014 auf dem Weg von Kuala Lumpur in Malaysia nach Peking vom Radar verschwunden.

Piloten hatten nie Probleme gemeldet

Das Flugzeug flog nach den Ermittlungen noch sieben Stunden nach dem letzten Radarkontakt Richtung Süden, wie automatische Satellitensignale nahelegten. Ermittler gehen bislang davon aus, dass die Maschine abstürzte, als der Treibstoff ausging. Niemand weiß, was an Bord passiert ist. Die Piloten hatten nie Probleme gemeldet oder Alarm geschlagen.

Experten untersuchen das Wrackteil derzeit, um herauszubekommen, von welchem Flugzeugtyp es stammt. MH370 war eine Boeing 777 - die einzige Maschine dieser Art, die derzeit vermisst wird. Die französische Flugunfall-Untersuchungsbehörde Bea hat Experten nach La Réunion geschickt, um die Ermittlungen zu koordinieren. „Wir haben bislang keine eindeutige Verbindung nachgewiesen zum Flug MH370“, sagte ein Sprecher der Gendarmerie. Auch die Präfektur der Insel erklärte, das Fundstück sei noch nicht identifiziert. „Keine Hypothese kann ausgeschlossen werden, einschließlich der Herkunft von einer Boeing 777.“

Australische Meeresforscher stützten die MH370-Theorie. „Wir hatten erwartet, dass 12 bis 18 Monate nach dem Absturz Teile in Madagaskar oder Umgebung auftauchen“, sagte Küsten-Ozeanograph Charitha Pattiaratchi von der Universität Westaustraliens. Er hoffe, dass noch weitere Wrackteile gefunden werden. Der Rumpf des Flugzeugs liege aber wohl auf dem Meeresgrund. Auch Jochen Kämpf von der Flinders-Universität in Adelaide meint, schwimmende Teile könnten den Indischen Ozean durchqueren. In einem Jahr schafften sie dort 6000 Kilometer.

Die Forscher dämpfen aber Erwartungen, vom Fundort eines Treibgut-Stücks Rückschlüsse auf die Absturzstelle ziehen zu können. „Wir wüssten höchstens: Sie ist im östlichen Teil des Ozeans, südlich des Äquators und nicht zu nah an der australischen Küste“, sagte Kämpf. Das sei ungenauer als das 120 000 Quadratkilometer große Gebiet, das mit Hilfe von Satellitensignalen ermittelt wurde. Dort suchen derzeit Schiffe mit Unterwasser- und Sonargeräten. Es ist eine der abgelegendsten Meeresregionen der Welt. Das Wasser ist dort teils 6000 Meter tief.

Herkunft noch nicht geklärt

Der Luftfahrtforscher Peter Marosszeky von der Universität von New South Wales sagte dem australischen Rundfunksender ABC, die Bestimmung des Wrackteils müsste eigentlich schnell gehen. Jedes Teil trage normalerweise eine sicher befestigte Edelstahlplatte mit Nummern. Das gefundene Tragflügelteil sehe nicht so aus, als sei es durch eine Explosion vom Rumpf getrennt worden, sagte John Cox, Chef der Luftfahrt-Consultingfirma Safety Operating Systems, dem US-Sender NBC.

Sollte das Teil zu der vermissten Boeing gehören, deute dies auf eine „sanfte Landung“ hin, wahrscheinlich auf dem Wasser. Malaysia Airlines wollte sich an Spekulationen über den Fund zunächst nicht beteiligen. „Im Moment wäre es für die Airline zu früh, über die Herkunft des Objekts zu spekulieren“, teilte Malaysia Airlines in Kuala Lumpur mit. Auch die malaysische Regierung warnte davor, voreilige Schlüsse zu ziehen, ehe es nicht eindeutige Beweise gebe.

Die Mehrheit der Passagiere von MH370 stammte aus China. Angehörige äußerten sich skeptisch über den Fund. Viele fürchten, es handele sich nur um ein Gerücht - sie warten auf eine offizielle Bestätigung. „Es ist so weit weg, wo sie das Teil gefunden haben“, wunderte sich Liu Dongliang, dessen Bruder an Bord der Maschine war. „Die Nachricht kommt nicht von einer offiziellen Quelle, deswegen bezweifle ich, dass es wahr ist“, sagte Liu Dongliang am Donnerstag telefonisch der Deutschen Presse-Agentur in Peking.

Auch Chen Pu, dessen Frau in dem Flugzeug war, sagte: „Es ist wieder ein Gerücht wie so viele Gerüchte davor. Ich glaube es nicht und würde empfehlen, keine Gerüchte zu verbreiten.“ Die Angehörige Mei Ling sagte: „Ich habe das Verbindungsbüro angerufen. Es ist nicht bestätigt, dass es ein Wrackteil von MH370 ist.“ Es würde ihr auch nicht reichen. Sie wolle wissen, wo die Menschen aus dem Flugzeug seien - „nicht nur irgendwelche Teile eines Flugzeugs“, sagte sie.