Die Stuttgarter Parteien fordern strengere Lärmvorschriften, mehr Sauberkeit und eine höhere Anzahl von Toiletten auf dem Volksfest.  

Stuttgart - Schon vor einigen Wochen ist auf dem Cannstatter Wasen wieder Ruhe eingekehrt. Doch auf politischer Ebene zieht das Volksfest zahlreiche Diskussionen nach sich. Denn nachdem das Umweltamt mehrfach eine Lautstärke auf dem Volksfest gemessen hat, die deutlich höher ist als erlaubt, haben die Stadträte der Grünen sowie die SPD-Gemeinderatsfraktion klare Regelungen zum Lärmschutz gefordert. Außerdem wünschen sich die Grünen, dass aus Hygienegründen künftig mehr Toilettenhäuschen auf dem Wasen aufgestellt werden. Die FDP-Gemeinderatsfraktion äußerte darüber hinaus Kritik an der Fernsehübertragung der Eröffnungsfeier des Volksfestes. Diese, so die FDP, sei "lieblos" und habe mit Tradition nichts mehr zu tun. Auch die Vorverlegung der Feier von Samstag auf Freitag empfindet die FDP als "Traditionsbruch".

 

Um lärmbedingte Hörschäden bei den Wasenbesuchern zu verhindern, haben die Grünen im Gemeinderat beantragt, dass die jüngsten Schallmessungen vom Cannstatter Volksfest öffentlich gemacht und Grenzwerte eingehalten werden. Der Stuttgarter Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) bestätigte gegenüber der StZ, dass während des Volksfestes mehrfach bis zu 86 Dezibel auf dem Platz gemessen worden seien. In den Festzelten, so Hahn, seien zeitweise sogar 100 Dezibel erreicht worden. Eigentlich darf auf dem Platz ein Mittelwert von 80 Dezibel nicht überschritten werden. Für die Festzelte gibt es Matthias Hahn zufolge in Stuttgart aber gar keine Lautstärkeregelungen.

In München ist Lautstärke klar geregelt

"Wir haben die gemessenen Zahlen mit Messungen aus dem Jahr 2002 verglichen und festgestellt, dass es auf dem Volksfest überprüfbar lauter geworden ist", erklärte Hahn. "Deshalb wünsche ich mir - möglichst schon zum Frühlingsfest - Verhältnisse wie in München, wo die Lautstärke klar geregelt ist." Auf dem Münchener Oktoberfest darf die Lautstärke bis 18 Uhr maximal 85 Dezibel und nach 18 Uhr höchstens 90 Dezibel betragen. Die Einstellung der zulässigen Höchstlautstärke wird in München vom Referat für Gesundheit und Umwelt übernommen. Spezielle Lautstärkebegrenzer, sogenannte "Limiter", sorgen dort außerdem dafür, dass Verstärkeranlagen nicht nach Belieben aufgedreht werden können.

Auch die Grünen, so die Stadträtin Andrea Münch, halten eine Orientierung an den Betriebsvorschriften für das Münchener Oktoberfest für eine denkbare Lösung. Zunächst aber fordern sie eine Lärmdebatte im Wirtschaftsausschuss, in der alle Zahlen vorgelegt werden. Das Ziel der Debatte soll sein, so die Grünen, dass beim Frühlingsfest 2012 "der mittlere Messwert auf dem Wasen nicht überschritten wird".

Der SPD-Stadtrat Ergun Can könnte sich eine Anlehnung an die Münchener Richtlinien ebenfalls gut vorstellen. Zwar fände er es schön, dass das Volksfest so gut besucht werde, aber es gelte, auf die Gesundheit der Besucher Rücksicht zu nehmen. "Ich habe noch nie vorher so viele Klagen von Anwohnern über die Lautstärke gehört wie in diesem Jahr", erklärte Can. "Deshalb möchte ich nun wissen, welche Vorschriften und Kontrollmechanismen es auf dem Wasen überhaupt gibt."

Kritik auch an Anzahl von Toiletten

Beim Volksfestveranstalter InStuttgart macht man sich derzeit bereits Gedanken über ein Lärmschutzkonzept. Denn auch den Veranstaltern, so Jörg Klopfer von InStuttgart, "ist aufgefallen, dass es in den Zelten lauter geworden ist". Wichtig sei aber, das Konzept in Absprache mit Brauereien, Wirten und Schaustellerverbänden zu entwickeln. "Dazu brauchen wir etwas Vorlauf", sagt Klopfer.

Sobald das Umweltamt sein Lärmgutachten fertig gestellt hat, das über die Situation auf dem Wasen informiert, soll dieses dem Wirtschaftsausschuss vorgelegt werden. Dabei sollen auch alle anderen damit verbundenen Fragen geklärt werden.

Neben der Lautstärke kritisieren einige Politiker auch die aus ihrer Sicht zu geringe Anzahl von Toiletten und Flaschencontainern auf der Südseite des Cannstatter Bahnhofs. Denn viele Wasenbesucher, die bereits in der S-Bahn Alkohol zu sich nähmen, so die Grünen-Stadträte, schafften es nicht mehr auf das "stille Örtchen auf dem Wasengelände", sondern würden als "Pinkelplatz" alles nutzen, "was auch nur den geringsten Sichtschutz bietet". Außerdem würden leere Flaschen mangels Abfallbehältern oft am Straßenrand abgestellt.

Schuster: Genügend Toiletten vorhanden

In einer Stellungnahme erklärte Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster jedoch, dass bereits in den vergangenen Jahren an den Zugängen zum Cannstatter Wasen große Glascontainer aufgestellt worden seien. Zusätzliche Toilettencontainer, so Schuster, könnten im Bereich zwischen Bahnhof und Veranstaltungsgelände "aus technischen Gründen" aber nicht eingerichtet werden. "Nach Rücksprache mit der Deutschen Bahn sind im Bahnhof Bad Cannstatt genügend Toiletten für den Besucherstrom vorhanden", erklärte Schuster. Die Veranstaltungsgesellschaft InStuttgart, so Schuster weiter, werde sich aber gemeinsam mit dem Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) bemühen, die Zahl der Toiletten "deutlich zu erhöhen", um die Gesamtsituation zu verbessern.

Auch zum Antrag der FDP, in der die Gemeinderatsfraktion fordert, dass die Eröffnungsfeier des Volksfestes an "die Geschichte und Tradition des Festes" angepasst wird, nahm Schuster Stellung. Dabei erklärte er, dass sich die Vorverlegung der Eröffnungsfeier von Samstag auf Freitag "bewährt" habe und dadurch die Besucherzahl gestiegen sei. Die Fernsehübertragung trage dazu bei, dass das Volksfest überregional bekannt werde, und bedeute "eine unbezahlbare Werbung für die Veranstaltung". Man habe aber schon in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass auch traditionelle Elemente wie Auftritte von Vereinen oder Fahnenschwingern in das Programm integriert würden. Außerdem sei für die Zukunft noch mit "weiteren Verbesserungen zu rechnen", um die Tradition zu erhalten.