In der Europäischen Union gelten von 2018 an strengere Lärmgrenzwerte für neue Autos. Sportwagen und Luxuslimousinen dürfen allerdings etwas lauter sein als normale Gefährte.

Brüssel - Die geplanten neuen Abgaswerte für Autos sind nicht zuletzt wegen des deutschen Widerstands hoch umstritten, bei der maximalen Lärmbelastung dagegen hat es, wie ein EU-Diplomat scherzt, „fast geräuschlos“ eine Einigung gegeben. Am heutigen Mittwoch will der Umweltausschuss des Europaparlaments formal den Kompromiss bestätigen, den die Verhandlungsdelegation zuvor inoffiziell mit den Regierungen der 28 EU-Staaten ausgearbeitet hatte. Die Mitgliedsländer ihrerseits haben das Ergebnis bereits vor knapp zwei Wochen abschließend gebilligt.

 

Vereinbart worden ist, dass in der EU zugelassene Neuwagen in Zukunft deutlich leiser sein müssen als bisher – die alten Grenzwerte stammen aus dem Jahr 1995. Bis diese wirklich ihre Gültigkeit verlieren, dauert es wegen der langen Übergangsfristen allerdings noch eine ganze Weile. Das Gesetz dürfte sich nach der finalen Abstimmung im Europaparlament spätestens Mitte 2014 im EU-Amtsblatt finden, doch tritt es erst zwei Jahr später in Kraft. Und erst weitere zwei Jahre danach, also etwa von Mitte 2018 an, müssen die Hersteller bei der Typgenehmigung neuer Modelle nachweisen, dass sie den neuen Grenzwert einhalten. In den Jahren 2022 und 2026 erfolgt stufenweise eine zweite beziehungsweise dritte Verschärfung.

Die ausgedehnte Einführungsphase findet denn auch das Wohlwollen der Hersteller. Damit könnten die Autobauer „die Entwicklungszeiträume für neue Fahrzeuggenerationen berücksichtigen“, lobt der Präsident des Branchenverbands VDA, Matthias Wissmann, den nun gefundenen Kompromiss: „Die Grenzwerte verlangen den Automobilunternehmen eine Menge ab, ohne dabei den Bogen der wirtschaftlichen Tragfähigkeit zu überspannen.“

Das neue Gesetz betrifft alle Arten von Autos, Kleinbusse und größere Nutzfahrzeuge – freilich greifen verschiedene Grenzwerte. Die Fahrzeugklassen wurden den neueren technischen Gegebenheiten angepasst. Allein die Kategorie der Personenkraftwagen ist in vier Untergruppen unterteilt, die von 2018 an nur noch zwischen 72 und 75 Dezibel an die Umgebung abgeben dürfen. In der letzten Stufe vom Jahr 2026 an darf die maximale Geräuschbelastung nur noch 68 beziehungsweise 72 Dezibel betragen. Diese Angaben müssen – so sieht es das Gesetz vor – für den Kunden dann auch klar ersichtlich sein.

Die Kategorie, in die das Fahrzeug fällt, hängt vom Quotienten aus Leistung und Gewicht ab. Ein Beispiel: Der neue VW Golf, der rund 1200 Kilogramm wiegt, fiele mit allen gängigen Motorvarianten zwischen 63 und 103 kW in die erste Kategorie von Fahrzeugen, die am leisesten sein muss. Eine Mercedes S-Klasse dagegen, die zwei Tonnen auf die Straße und bis zu 335 kW leistet, fiele in die dritte Kategorie und dürfte drei Dezibel lauter sein. Eine ganz eigene Kategorie bilden die Sportwagen – sie dürfen später noch ein Dezibel lauter sein als die schwersten Autos.

Das hatte vor gut einem Jahr für die einzige Aufregung im Lauf des Gesetzgebungsprozesses gesorgt. Damals war bekannt geworden, dass die Dokumentvorlage für die Grenzwerte von Hans-Martin Gerhard, dem Leiter der Akustikabteilung des Sportwagenherstellers Porsche stammte. Die Deutsche Umwelthilfe hatte daraufhin die „Willfährigkeit der Politik, dem Partikularinteresse des klimafeindlichsten deutschen Autobauers den Vorrang zu geben“ gegeißelt. Porsche wiederum hatte darauf hingewiesen, Gerhard sei auch als Experte für den Automobilweltverband OICA tätig. Doch die Wogen haben sich geglättet. Die Bundesregierung zeigt sich zufrieden mit dem Kompromiss. „Auch Sportwagen“, so ein EU-Diplomat, „müssen künftig deutlich strengere Auflagen erfüllen.“

VDA-Chef Wissmann weist zudem darauf hin, dass die Fahrzeuge in den vergangenen Jahren ohnehin schon leiser geworden sind: „Seit 1970 wurden die Geräuschemissionen um 85 Prozent abgesenkt. 13 moderne Nutzfahrzeuge sind heute nur so laut wie ein Lkw aus dem Jahr 1980.“