Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Wie überfordert sind die griechischen Behörden?
Mein Herz schlägt an der Stelle für die Griechen. In der Zivilbevölkerung habe ich eine Riesenhilfsbereitschaft festgestellt. Es wurde immer wieder beteuert, dass es kaum eine Familie gebe, die nicht selbst einen Migrationshintergrund hat und aus diesem Verständnis heraus alles in ihrer Macht Stehende für die Flüchtlinge tut. Das fand ich sehr berührend. Die Situation der Griechen selbst ist schon schlecht – das Gesundheitssystem vor allem. Es gibt zu wenige Ärzte, die auch noch schlecht bezahlt werden und heillos überlastet sind. Es fehlt am Nötigsten. Ich habe ein staatliches Gesundheitszentrum besucht, das für 20 000 Menschen zuständig ist. Da gab es kein Verbandsmaterial, und es stand kein Ultraschallgerät zur Verfügung. Die Flüchtlinge kommen zusätzlich in dieses System hinein, das nicht einmal die eigene Bevölkerung ausreichend versorgen kann. Natürlich haben wir auch festgestellt, dass im kommunalen Bereich große Schwierigkeiten mit Antragsvorgängen bestehen. Relativ häufig klagen die Kommunen über die Zentralregierung, die ihnen Kosten nicht erstattet.
Wie können die German Doctors helfen?
Obwohl wir sonst in Armutsländern und weniger im Sinne akuter Katastrophenhilfe unterwegs sind, haben wir uns dazu entschlossen, einerseits für traumatisierte unbegleitete Minderjährige im Sinne von Psychotherapie aktiv zu werden und andererseits eine Hilfe zu geben, die Flüchtlingen und Bevölkerung zugutekommt. Idomeni haben wir von vorneherein nicht machen wollen – da gibt es ein Durcheinander von Hilfsorganisationen, deren Koordination eher schwierig ist. Darüber beklagt sich auch das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR).
Die deutsche Aufmerksamkeit für Idomeni war zuletzt eher gering – haben Sie eine Erklärung dafür?
Dieses Phänomen, dass Vorgänge schnell in Vergessenheit geraten, trifft nicht nur Idomeni – das sehe ich an vielen anderen Orten auch so. Ein Aufreger wird rasch vom nächsten Aufreger abgelöst. Das zeigt, dass wir eine etwas sensationsbetonte Gesellschaft geworden sind.