Der Landesfrauenrat stellt der Politik von Grün-Rot kein berauschendes Zeugnis aus: Mit dem Ergebnis der Kommunalwahlen ist der Frauenrat überhaupt nicht zufrieden, einzig Sozialministerin Altpeter kann punkten.

Stuttgart - Der Landesfrauenrat ist mit der Arbeit der grün-roten Landesregierung nicht zufrieden. Mit einem Mangelhaft bewertet Angelika Klingel, die Vorsitzende des Dachverbands der Frauenorganisationen, die Frauenpolitik von Grünen und SPD. Das bescheidene Zeugnis fällt allerdings immer noch besser aus als die Zensur, mit der die Frauen die Vorgängerregierung bedenken. CDU und FDP bekommen ein glattes Ungenügend. Dabei lassen die Frauen auf ihre Ministerin Katrin Altpeter (SPD) nichts kommen. „Die Ministerin kämpft großartig, tapfer und tüchtig“, lobt Klingel die Frauenministerin um gleich einzuschränken: „Es braucht mehr Durchschlagskraft und die Unterstützung des Parlaments“.

 

Mehr Durchschlagskraft wünscht sich der Landesfrauenrat auf diversen Feldern. Allen voran beim Wahlrecht. Unermüdlich haben die Frauenverbände im Land für eine Änderung des Kommunalwahlrechts gekämpft, die paritätisch besetzte Wahllisten vorgeschrieben hätte. Statt einer Verpflichtung, Frauen und Männer zu gleichen Teilen aufzustellen, kam es nur zu einer Soll-Regelung. Diese hat nach Einschätzung des Landesfrauenrats ihren Zweck nicht erfüllt. Nicht einmal um zwei Prozent sei der Frauenanteil in den Kommunalparlamenten durch die Änderung gestiegen, kritisierte Klingel. Jetzt beträgt der Anteil 23,9 Prozent, bei der Wahl im Jahr 2009 lag er bei 22 Prozent.

Der Südwesten bleibt Schlusslicht bei der Frauenbeteiligung

Baden-Württemberg bleibe damit bei der Frauenbeteiligung in Kommunen bundesweit Schlusslicht, sagte die Vorsitzende des Landesfrauenrats. Jetzt erwarten die Frauenverbände repräsentative Untersuchungen, wie die Soll-Regelung umgesetzt wurde. Ferner plädiert der Landesfrauenrat für eine Verfassungsänderung. Auch im Landtag wollen die Frauen mehr Geschlechtsgenossinnen sehen. Der durchschnittliche Abgeordnete ist 51 Jahre alt, männlich, Jurist oder Verwaltungswissenschaftler, ohne Migrationshintergrund. Das sei doch kein ein Spiegel der Gesellschaft, findet Manuela Rukavina, Vorstandsmitglied im Landesfrauenrat. Für die Wahl 2016 wird es nicht reichen mit der Verfassungsänderung, aber für die übernächste Wahl hoffen die Frauen auf ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht, das auch die paritätische Beteiligung von Männern und Frauen vorsieht. Dabei setzen die Frauen auf außerparlamentarische Überzeugungsarbeit. Die Änderung den Fraktionen zu überlassen, sei absurd. Die männerdominierten Gremien sieht der Frauenrat vielmehr als Bollwerke gegen die gewünschte Parität. Der Frauenrat vermisst nach wie vor ein politisches Signal, dass die 50-prozentige Beteiligung von Frauen in den Parlamenten tatsächlich gewollt werde.

Einen genaueren Blick auf die Geschlechter und mehr Geschlechtergerechtigkeit wünscht sich der Frauenrat auch bei den Themen Armut und Gesundheit. Alleinerziehende seien fast immer Frauen, bei den Minijobs würden sich immer mehr Frauen eine gleichbleibende Anzahl von Jobs teilen, sagte Rukavina. Auch in der Seniorenpolitik fehle es an geschlechterspezifischen Erhebungen. Gefordert wird die gesetzliche Verankerung von Gleichstellungsbeauftragten und eine stärkere Gewichtung des Gender Mainstreaming.

Der Landesfrauenrat lehnt auch das aktuelle Prostitutionsgesetz ab und plädiert für das schwedische Modell, das Prostitution als Verletzung der Menschenwürde verurteilt. Sex sei keine Dienstleistung, das aktuelle Gesetz biete zu wenig Schutz für Prostituierte erklärte Angelika Klingel. Auch da ist sie ganz auf einer Linie mit der Frauenministerin Altpeter.

Unabhängige und überparteiliche Lobbyistinnen

Der Rat Landesfrauenrat wurde 1969 als Dachverband von Frauenorganisationen gegründet. Er versteht sich als überparteiliche unabhängige und überkonfessionelle Interessensvertretung für alle Frauen im Land. Er vertritt zurzeit 51 Verbände mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern.

Vorbild für das gewünschte geänderte Wahlrecht ist das französische Parité-Gesetz. Die Vorschrift, Wahllisten jeweils hälftig mit Männern und Frauen zu besetzen, gilt in Frankreich laut Landesfrauenrat in allen Kommunen mit tausend und mehr Einwohnern. Die Vorschrift wirkt: 48,2 Prozent der Mandatsträger in Kommunen mit der Parité-Vorschrift seien Frauen. Auch die Anzahl der Kandidatinnen sei gestiegen. In Baden-Württemberg steht es den Parteien frei, ob sie ihre Kandidatenlisten abwechselnd mit Männern und Frauen besetzen.