Die Opposition kritisiert die Haushaltspolitik: Der grün-rote Plan für eine über Schulden finanzierte Rücklage sei demnach nicht intelligent.

Stuttgart - "Mutig, kraftvoll und entschlossen", sei die Haushaltspolitik der grün-roten Landesregierung, konstatiert ihr Finanzminister Nils Schmid (SPD). Für "maß-, hemmungs- und orientierungslos" hingegen hält sie Peter Hauk, Chef der CDU-Opposition. Weiter können Einschätzungen kaum auseinandergehen. Insofern hat auch keine Annäherung gebracht, dass sich das Landesparlament seit Donnerstag mit dem Nachtragshaushalt der neuen Landesregierung zu befassen hat.

 

Schmid knüpfte an die Ergebnisse des Kassensturzes an, die er vor einigen Wochen vorgestellt hatte: In Wahrheit sei die Verschuldung des Landes viel höher als im Haushalt ausgewiesen. Unbedingt hinzuzurechnen sei der Sanierungsstau, den die Vorgängerregierung am Landesvermögen - also Straßen und Gebäuden - habe zusammenkommen lassen. Letztlich habe sie nur so vordergründig und phasenweise das Ziel der Nullverschuldung erreicht.

"Die Verschuldung geht weiter", sagt die Opposition

Grün-Rot will 560 Millionen Euro in eine Rücklage packen. Daraus sollen Projekte finanziert werden, die diesen Sanierungsstau abtragen. Darunter fällt zum Beispiel die Krankenhausförderung, für die es etwas mehr Geld geben soll. Weiter werden 250 Millionen dazu verwendet, um die zuletzt auf 810 Millionen Euro taxierte Neuverschuldung des Landes auf 560 Millionen zu senken. Sodann muss etwa wegen Tarifsteigerungen fürs Personal mehr ausgegeben werden. Die Unterbringung von Asylbewerbern ist kostspieliger als früher gedacht. Die Polizei soll mehr Geld für Fahrzeuge und Technik bekommen. Insgesamt, so Schmid, beweise der Plan "den absoluten Willen zur Konsolidierung".

Das bestreitet die Opposition. Angesichts von Steuermehreinnahmen von netto mehr als einer Milliarde Euro "hätte es zur Nullverschuldung schon in diesem Jahr" gereicht, sagte Hauk. Dem habe sich die Landesregierung aber verschlossen: "Der Weg in die Verschuldung geht weiter." Die Regierung und ihr Ministerpräsident verlören ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie eine Vorschrift der Landeshaushaltsordnung schlicht missachten. Dort wird eine zusätzliche Aufnahme von Krediten untersagt, wenn die Steuereinnahmen nicht um mindestens ein Prozent zurückgehen. Sie steigen in diesem Jahr aber.

"Spielgeld für die Landesregierung"

Hauk griff Grün-Rot auch wegen ihrer großzügigen Personalpolitik an. Die Landesregierung schaffe Stellen, um verdiente Parteifreunde zu versorgen. In diese Kerbe hieb auch Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der oppositionellen FDP-Fraktion. "180 Stellen zusätzlich zu schaffen ist nicht in Ordnung", sagte er.

Auch der Plan, 560 Millionen Euro als Sanierungsrücklage zu bilden, sei nicht intelligent. Denn diese Rücklage sei schuldenfinanziert. Das Land zahle dafür hohe Sollzinsen. Zudem sei nicht festgelegt, dass die Mittel aus der Rücklage tatsächlich "in die Sanierung fließen müssen". Darum seien die 560 Millionen Euro "Spielgeld für die Landesregierung". Mit Transparenz, Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit "als den ehernen Prinzipien der Haushaltswirtschaft" habe das wenig zu tun.

Nicht nur auf die Etatpläne schauen

Muhterem Aras (Grüne) wies den Vorwurf zurück, der Verwaltungsapparat werde aufgebläht. 180 Stellen seien ein Promille des gesamten Landesdienstes. Sie sagte aber auch: "Wir werden uns um jede Stelle kümmern." Aras betonte, dass man den Blick über die kamerale Haushaltssystematik hinaus richten müsse. Wer nur auf die Logik der Etatpläne schaue, "lügt sich bei der Nachhaltigkeit in die eigene Tasche". Sie kündigte an, dass die Koalition jeden Euro, der über die prognostizierten Steuereinnahmen hinaus beim Land ankomme, dazu verwenden werde, um die Verschuldung zu verringern. So "kommen wir zum Jahresende vielleicht auf eine niedrigere Verschuldung". Wegen der kaufmännischen Vorsichtsprinzipien könne man es so aber nicht planen.

Auch Klaus Maier (SPD) verteidigte den Entwurf: "Wir ziehen aus dem Kassensturz des Finanzministers erste Konsequenzen". Zudem "finanzieren wir erste innovative Projekte" - etwa in der Energiepolitik.

Hintergrund: Die Daten zum grün-roten Haushalt

Ausgaben Vom dritten, von der alten Landesregierung verantworteten, zum vierten, von Grün-Rot aufgestellten Nachtragshaushalt wachsen die Ausgaben des Landes um 1,5 Milliarden Euro oder 4,3 Prozent auf insgesamt 36,8 Milliarden Euro. Im gleichen Maß steigen natürlich auch die Einnahmen, weil der Saldo ausgeglichen sein muss.

Steuereinnahmen Die gute Wirtschaftsentwicklung kommt der Regierung zugute. Sie kann mit 6,5 Prozent mehr Steuereinnahmen rechnen als die alte schwarz-gelbe Koalition. Das entspricht - brutto, also ohne Berücksichtigung von Länder- und kommunalem Ausgleich - rund 1,6 Milliarden. Insgesamt werden 26,1 Milliarden Euro erwartet.

Personalausgaben Einer der größten Ausgabenposten des Landes sind die Aufwendungen für sein Personal. Laut dem aktuellen Haushaltsentwurf werden dafür knapp 14,7 Milliarden Euro gebraucht. Grün-Rot plant etwa 140 Millionen Euro oder knapp ein Prozent mehr dafür ein als die alte Landesregierung noch vorgesehen hatte.

Investitionen Gemessen am Gesamthaushalt sind die Ausgaben des Landes für Investitionen eine kleine Größe. Laut dem vorliegenden Etatentwurf werden über alle Ressorts verteilt knapp 3,3 Milliarden Euro für Bau- oder Sachinvestitionen ausgegeben - 60 Millionen Euro oder 1,9 Prozent mehr als im bisher geltenden Haushaltsplan.

Kredite Grün-Rot senkt die Neuverschuldung von zuletzt 810 Millionen auf jetzt noch 560 Millionen Euro und hält das aufgrund der "nach wie vor spürbaren Folgen der tiefsten Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit für gerechtfertigt". Der Griff in die Rücklagen (eine Milliarde) und auf Überschüsse (522 Millionen) bleibt unverändert.