Laut Anklage soll ein 51 Jahre alter Ex-Mitarbeiter eines Autobauers zusammen mit Komplizen aus einer Werbeagentur seinen Arbeitgeber um rund 800 000 Euro geprellt haben. Nicht alle Vorwürfe konnten vor Gericht erhärtet werden.

Stuttgart - Der Oberstaatsanwalt hätte gern die Hauptfigur in diesem „Wirrwarr vertraglicher Beziehungen und Zahlungen“, wie es Vorsitzender Richter Wolfgang Schwarz nennt, auf der Anklagebank gehabt. Doch der mutmaßliche Hauptprofiteur des jetzt von der 10. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart festgestellten Betrugs ist 2010 gestorben. Trotzdem taucht der Name des Mittsechzigers in der Urteilsbegründung fast in jedem zweiten Satz auf. Vorsitzender Richter Schwarz thematisiert die „Raffgier“ des verstorbenen Kommunikationsberaters, beleuchtet dessen „Masche“, sich unberechtigt Honorare auszahlen zu lassen und umschreibt dessen Tun mit den Worten: „Er hat Daimler ausgenommen wie eine Weihnachtsgans.“

 

Und das habe der Mann nur mit der Hilfe des angeklagten ehemaligen Daimler-Managers tun können. Der 51-Jährrige war einst Abteilungsleiter im Daimler-Marketingbereich. Den Kommunikationsberater kannte er bereits seit vielen Jahren, da der Mittsechziger schon 1991 bei dem Autobauer als externer Berater gewirkt hatte. Seit 2006 bezog der Externe 1600 Euro im Monat für die Kommunikationsberatung von Niederlassungen und Händlern. Der 51-Jährige soll die Bezüge des Beraters dann ab Frühjahr 2006 erhöht haben – auf 12 000 Euro im Monat. „Wozu der Angeklagte nicht berechtigt war“, so der Richter. Warum er das getan hat, blieb ungeklärt. „Kumpanei?“, mutmaßt der Richter. Man habe nämlich nicht feststellen können, dass sich der 51-Jährige selbst bereichert hätte.

Extrazahlung vor Rechnungsprüfer versteckt

Jedenfalls musste dieses exorbitante Honorar vor dem hausinternen Rechnungsprüfer versteckt werden. Hier kommen die ehemals Mitangeklagten einer Stuttgarter Werbeagentur ins Spiel. Da die Agentur bereits für den Autobauer arbeitete, sei der 51-Jährige mit dem Agenturchef übereingekommen, das monatliche Salär des Beraters in laufenden, unverdächtigen Projekten zu verstecken. So seien 156 000 Euro zusammengekommen, um die der Autobauer betrogen worden sein soll. „Umwegfinanzierung“ nennt das Richter Schwarz. Der verstorbene Berater habe sich schon vor 2006 auf ähnliche Weise bedient. Ob sich der 51-Jährige daran beteiligt habe, sei unerheblich, weil verjährt und nicht angeklagt. Die tatsächlich erbrachten Leistungen des Beraters seien nicht feststellbar, so der Richter.

Der ursprüngliche Vorwurf, der Ex-Marketing-Chef habe sich von Chefs zweier Werbeagenturen bestechen lassen, auf dass er ihnen Aufträge zuschanze, ließ sich so nicht nachweisen. 800 000 Euro Honorar von Daimler an die Agenturen standen im Raum. Die Zeugen aus der Werbebranche litten vor Gericht entweder an „Amnesie im Quadrat“, so Richter Schwarz. Oder sie hätten im Zeugenstand offen ihren Unwillen demonstriert. Der Vorwurf, der Marketing-Mann habe zwischen 2003 und 2006 die Geschäftsführer einer Düsseldorfer Werbeagentur aufgefordert, als Gegenleistung für die bevorzugte Vergabe von Werbeaufträgen Anzeigen im Vereinsheft eines Stuttgarter Sportvereins zu schalten, in dem der 51-Jährige Mitglied war, war im Laufe des Prozesses eingestellt worden.

25 000 Euro an die Olgäle-Stiftung

Die vier mitangeklagten Werbeleute sind während des Prozesses ausgeschieden. Die Verfahren zweier Werber wurden wegen geringer Schuld eingestellt, die beiden anderen Angeklagten müssen Geldauflagen von 10 000 und 8000 Euro zahlen.

Der 51-Jährige, der kurz vor Ende des seit Mitte November 2015 laufenden Prozesses ein Geständnis abgelegt hatte, wurde schließlich von der 10. Strafkammer wegen Betrugs und Untreue mit einer Verwarnung mit Strafvorbehalt belegt. Falls er in den kommenden zwei Jahren eine Straftat begehen sollte, muss er 180 Tagessätze à 200 Euro bezahlen – eine Geldstrafe auf Bewährung sozusagen. Als Bewährungsauflage hat er 25 000 Euro an die Olgäle-Stiftung zu überweisen.