Ein gelernter Schreiner aus Oberbayern hat Anleger um neun Millionen Euro geprellt. Das Landgericht Stuttgart hat den stark sehbehinderten Mann deshalb wegen Betrugs in 464 Fällen zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt.

Stuttgart - Das Landgericht Stuttgart hat einen 42 Jahre alten Mann zu sechs Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt. Der gelernte Schreiner aus Oberbayern hatte gestanden, mehrere Hundert Anleger mit vorgetäuschten Devisengeschäften um rund neun Millionen Euro betrogen zu haben.

 

„Sie haben das einzig Richtige getan“, sagt Wolfgang Schwarz, Vorsitzender Richter der 10. Wirtschaftsstrafkammer. Der Angeklagte hatte, beraten von seinen Verteidigern Markus Bessler und Martin Felsinger, nach einer Prozess-Zwischenbilanz vor der Kammer im übertragenen Sinn die Hosen heruntergelassen. Während der Ermittlungen hatte er noch von einer „Hexenjagd“ auf ihn gesprochen, sich dann aber doch zu einem Geständnis durchgerungen. „Das war kein Schmalspurgeständnis und hat sich zugunsten des Angeklagten ausgewirkt“, so der Richter. Oberstaatsanwältin Anette Jarke hatte eine um ein Jahr höhere Strafe beantragt.

Kunden mit hochprofessionellem Internetauftritt geködert

Der stark sehbehinderte Mann, der 2003 von der Möbelbranche in den Devisenhandel gewechselt war, hatte auf das Gewinnstreben von Geldanlegern gesetzt. Und zwar mit beachtlichem Erfolg. Er habe potenzielle Kunden mit einem „hochprofessionellen Internetauftritt“ geködert, sagt Richter Schwarz. Mit seinen Firmen FX Trading 24 und der FX Investment mit Sitz in Panama und Zypern stellte der 42-Jährige Renditen von mehr als 50 Prozent im Jahr in Aussicht.

Zwar hatte er die üblichen Risikohinweise auf seine Website gestellt, gleichzeitig aber behauptet, man arbeite mit mehreren Großbanken zusammen, was den Verlust von Anlagegeldern quasi unmöglich mache. „Sie haben den Eindruck geweckt, die FX sei tatsächlich im Devisenhandel tätig“, so der Richter – eine Lüge.

Das Geld der Anleger schob der Mann zwischen seinen Firmen hin und her, einen Teil verwendete er zum eigenen Vermögensaufbau, ohne jedoch in Saus und Braus zu leben. Auch setzte er Anlagegeld ein, um Kunden vermeintliche Gewinne vorzutäuschen. Dieses Schneeballsystem konnte auf Dauer nicht gutgehen. Mit einem Kunstgriff versuchte sich der Angeklagte zu retten.

Ende Oktober 2013 teilte seine FX Investment mit, man sei das Opfer eines Hackerangriffs geworden. Kriminelle seien ins Computersystem eingedrungen, das ganze Kapital sei „unwiderruflich absorbiert“. Trotzdem flog der Millionenschwindel auf, Mitte August 2015 kam der gelernte Schreiner in Untersuchungshaft.

Beispielgebend für die geprellten Anleger hatte ein Apotheker im Ruhestand vor der 10. Strafkammer ausgesagt. Das Angebot habe „sehr seriös“ ausgesehen. Er sei von dem Geschäftsmodell überzeugt gewesen, so der Zeuge. Auf seinem angeblichen Anlagekonto waren aus zwei Millionen eingezahlten Euro binnen drei Jahren acht Millionen geworden. „Fantastisch“, fand das der Apotheker.

Dann kam der vorgetäuschte Hackerangriff. Das Geld war weg. Zu allem Übel hatte der Rentner auf den real nie existierenden Spekulationsgewinn auch noch zwei Millionen Euro Steuern bezahlt. Diese zwei Millionen Euro bekomme er nicht zurück, teilte ihm das Finanzamt mit. Er könne den Betrag jedoch mit zukünftigen Gewinnen verrechnen.

Kunde fand das Angebot „sehr seriös“