Im etablierten Politikbetrieb wirkt der Antipolitiker Habeck wie ein Fremdkörper, und das weiß er selbst. Er nennt es ein Gefühl der Nichtzugehörigkeit. Den Strömungen in seiner Partei (Realos und linker Flügel) ordnet er sich nicht zu: „Ich war zwei Mal auf einem Realo-Treffen und einmal auf einem Linken-Treffen. Das war drei Mal zu viel.“ Sich nicht einzufügen in den klassischen Politikbetrieb, mag man naiv nennen. Und in Berlin würde er mit diesem Verständnis nicht weit kommen. In Kiel aber kann er darauf bauen, dass seine Partei mit den prognostizierten 13 Prozent die neue Konkurrenz der Piratenpartei auf Abstand hält.

 

Wer ihn fragt, was die Grünen verändern wollen, hört eine bemerkenswerte Antwort. Habeck spult nicht etwa eine lange und teure Liste von Vorhaben ab. Vielmehr weist er darauf hin, dass die künftige Regierung des hochverschuldeten Landes klären müsse, was sie im Zeichen der Schuldenbremse noch gestalten können, wobei die Grünen die engen Spielräume für die Bildung nutzen wollten. Dann aber bringt der geschulte Philosoph sein Anliegen auf einen Begriff: „Etwas Neues aus Gegensätzen schaffen.“ Wenn es zum Beispiel zwischen den Staatstheatern und der freien Kulturszene Konflikte gebe, helfe nur, beide Seiten an einen Tisch zu holen, um ein wechselseitiges Verständnis zu ermöglichen und Kompromisse zu suchen. Das erinnert an die „Politik des Gehörtwerdens“, die sich ein anderer Liebhaber der Philosophie, der Stuttgarter Ministerpräsident Kretschmann, auf die Fahnen geschrieben hat.

Aus Gegensätzen will er Neues schaffen

Ob Habeck nach dem 6. Mai die Chance bekommt, aus Gegensätzen Neues zu schaffen, bleibt abzuwarten. Das Wort Königsmacher hört er jedenfalls gar nicht gern. Er sei nicht dazu da, CDU-Spitzenmann Jost de Jager oder Torsten Albig, dem Anwärter der SPD auf das Amt des Ministerpräsidenten, in den Sattel zu verhelfen. So wie er sich keiner Grünen-Strömung zuordnet, ordnet er die Grünen keinem Lager zu. Das Lagerdenken der Politik ödet ihn genauso an wie ein Schlagabtausch zwischen Parteien, der nur um des Schlagabtausches willen geführt wird. Wer den Politikbetrieb kennt, weiß, dass Habecks Ansatz idealistisch ist. Und weil das Neue immer ein Wagnis ist, kann sein Ansatz durchaus scheitern.

Falsch oder unangebracht ist er deswegen keineswegs. Ausgerechnet in Schleswig-Holstein, wo es vor Gegensätzen und Konflikten in der Politik nur so wimmelt, wo 2009 die Große Koalition an der Feindschaft zwischen Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und SPD-Landeschef Ralf Stegner zerbrach, könnte mit dem Neuen aus Gegensätzen ein echtes Novum Einzug halten.

Vielmehr ist ihr Spitzenkandidat eine Ausnahmeerscheinung in der Politik. Mit dem früheren Arbeitsminister Norbert Blüm teilt er die Besonderheit, promovierter Philosoph zu sein, seine Doktorarbeit schrieb er an der Universität Freiburg. Auch hat er so gar nichts von einem klassischen Jungpolitiker, der sich über die Jugendorganisation in der berühmten Ochsentour in die vorderen Ränge seiner Partei vorgearbeitet hat. Mit seiner Frau Andrea Paluch und ihren vier Jungs lebte er lange in einem Dorf an der dänischen Grenze und schrieb – mal mit seiner Frau und mal allein – Sachbücher, Romane und ein Hörspiel. Inzwischen lebt die Familie in Flensburg.

Ein Philosoph als Politiker

Seit Habeck als Spitzenkandidat unter Beobachtung der Öffentlichkeit steht, zügelt er auf Anraten seiner Frau die lautstarke Leidenschaft, mit er die Handballspiele seiner Söhne zu kommentieren pflegte. „Den Schiedsrichter“, erzählt er lachend, „nenne ich jetzt nicht mehr schwarze Sau, auch wenn er Mist pfeift.“ Rüpeleien beschränkte der ausgesprochen höfliche Habeck aber auch schon vorher auf den Sport. Ansonsten ist es ein Genuss, mit ihm zu reden. Robert Habeck ist belesen und liebt es, über Politik, über das Zusammenleben der Gesellschaft, über sich selbst nachzudenken, kurzum: zu philosophieren.

Dass der amerikanische Autor Richard Rorty der politischen Linken in den westlichen Ländern vorwarf, erstarrt und voller Zukunftsangst zu sein, ließ ihm keine Ruhe. Also setzte sich Habeck hin und entwarf auf 200 Seiten einen Entwurf, was für einen Linken gutes Leben ausmachen kann – ein Leben, das die Umwelt nicht schädigt, Exzesse des Finanzkapitalismus vermeidet, Männer gute Väter sein lässt, soziale Sicherheit in einer veränderten Arbeitswelt schafft und jedem Bildungschancen eröffnet. Dabei ist er alles andere als ein weltfremder Bücherwurm.

Habeck wirkt wie ein Fremdkörper im Parteienbetrieb

Im etablierten Politikbetrieb wirkt der Antipolitiker Habeck wie ein Fremdkörper, und das weiß er selbst. Er nennt es ein Gefühl der Nichtzugehörigkeit. Den Strömungen in seiner Partei (Realos und linker Flügel) ordnet er sich nicht zu: „Ich war zwei Mal auf einem Realo-Treffen und einmal auf einem Linken-Treffen. Das war drei Mal zu viel.“ Sich nicht einzufügen in den klassischen Politikbetrieb, mag man naiv nennen. Und in Berlin würde er mit diesem Verständnis nicht weit kommen. In Kiel aber kann er darauf bauen, dass seine Partei mit den prognostizierten 13 Prozent die neue Konkurrenz der Piratenpartei auf Abstand hält.

Wer ihn fragt, was die Grünen verändern wollen, hört eine bemerkenswerte Antwort. Habeck spult nicht etwa eine lange und teure Liste von Vorhaben ab. Vielmehr weist er darauf hin, dass die künftige Regierung des hochverschuldeten Landes klären müsse, was sie im Zeichen der Schuldenbremse noch gestalten können, wobei die Grünen die engen Spielräume für die Bildung nutzen wollten. Dann aber bringt der geschulte Philosoph sein Anliegen auf einen Begriff: „Etwas Neues aus Gegensätzen schaffen.“ Wenn es zum Beispiel zwischen den Staatstheatern und der freien Kulturszene Konflikte gebe, helfe nur, beide Seiten an einen Tisch zu holen, um ein wechselseitiges Verständnis zu ermöglichen und Kompromisse zu suchen. Das erinnert an die „Politik des Gehörtwerdens“, die sich ein anderer Liebhaber der Philosophie, der Stuttgarter Ministerpräsident Kretschmann, auf die Fahnen geschrieben hat.

Aus Gegensätzen will er Neues schaffen

Ob Habeck nach dem 6. Mai die Chance bekommt, aus Gegensätzen Neues zu schaffen, bleibt abzuwarten. Das Wort Königsmacher hört er jedenfalls gar nicht gern. Er sei nicht dazu da, CDU-Spitzenmann Jost de Jager oder Torsten Albig, dem Anwärter der SPD auf das Amt des Ministerpräsidenten, in den Sattel zu verhelfen. So wie er sich keiner Grünen-Strömung zuordnet, ordnet er die Grünen keinem Lager zu. Das Lagerdenken der Politik ödet ihn genauso an wie ein Schlagabtausch zwischen Parteien, der nur um des Schlagabtausches willen geführt wird. Wer den Politikbetrieb kennt, weiß, dass Habecks Ansatz idealistisch ist. Und weil das Neue immer ein Wagnis ist, kann sein Ansatz durchaus scheitern.

Falsch oder unangebracht ist er deswegen keineswegs. Ausgerechnet in Schleswig-Holstein, wo es vor Gegensätzen und Konflikten in der Politik nur so wimmelt, wo 2009 die Große Koalition an der Feindschaft zwischen Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und SPD-Landeschef Ralf Stegner zerbrach, könnte mit dem Neuen aus Gegensätzen ein echtes Novum Einzug halten.