Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Eine Riege führender Funktionäre boten am gleichen Tag die Gewerkschaften im Land auf, um ihre Sicht auf Grün-Rot zu beschreiben, die erwartungsgemäß durchweg positiver ausfällt als bei den Arbeitgebern. Als Einheitsgewerkschaften sehen sie sich unabhängig, obwohl einige von ihnen zum Teil führende Ämter in der SPD haben. Eine Wahlempfehlung wollen aber auch sie nicht abgeben. Die Notengebung für die Landesregierung reicht von „mindestens gut“ (IG Metall und NGG) bis zu „zwei bis drei“ (Verdi und GEW). In knapp 14 Jahren Führungsarbeit seien die Zugänge der Arbeitnehmerseite zur Regierung „noch nie so gut gewesen“, urteilte Verdi-Landesleiterin Leni Breymaier. „Grün-Rot hat viele gewerkschaftliche Anregungen aufgenommen“, lobte auch die DGB-Vize im Land, Gabriele Frenzer-Wolf. Erwähnt wurde insbesondere das Bildungszeitgesetz, das schon viele neue Seminare ausgelöst habe, ferner die Gesetze zur Chancengleichheit und zur Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen sowie die Projekte für „gute Arbeit“ und die Industrie der Zukunft.

 

AfD-Wähler auch bei den Gewerkschaften

Wünsche haben die Gewerkschaften dennoch: praktisch die Erweiterung aller neuen Gesetze. Breymaier regte eine Untergrenze von 9,85 statt bisher 8,50 Euro pro Stunde im Tariftreuegesetz an – den bisher niedrigsten Lohn im öffentlichen Dienst. Mit dem Gesetz habe Grün-Rot für öffentliche Aufträge eine Haltelinie eingezogen, erläuterte sie. Nun müsse der Vergabemindestlohn zügig angehoben werden. Es könne nicht sein, dass der Staat Aufgaben zu schlechteren Entgelten vergibt, als er seinem eigenen Personal dafür bezahlen müsste. Die derzeitige Bagatellgrenze von 20 000 Euro lasse Niedriglöhne „durch die Hintertür wieder rein“ und müsse beseitigt werden. Frenzer-Wolf sprach sich für die Einführung eines Listenwahlrechtes bei der Landtagswahl und mehr öffentliche Investitionen speziell in den Wohnungsbau aus.

Nun sind Gewerkschaften ein Spiegel der Gesellschaft. In ihren Reihen finden sich Anhänger aller Parteien. Unter den Verdi-Mitgliedern seien auch AfD-Wähler, sagte Breymaier. Dies könne sie an den Zuschriften erkennen. „Wir gehen mit denen in den Dialog.“ Dennoch müsse man „eine klare Kante zeigen“, etwa wenn es um deren frauenfeindliche Positionen ginge. Dies sei die „verdammte Aufgabe der Demokraten“. „Für die Gewerkschaften ist die AfD nicht wählbar“, befand sie.

Frenzer-Wolf beklagte das „rassistische, verschwörungstheoretische Gedankengut“ der Partei. Der Gewerkschaftsbund sei gegen jedwede Diskriminierung. IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger sieht das Aufkommen der Rechten als Argument für mehr politische Bildung durch das Bildungszeitgesetz. Dann „würden die Vollidioten von der AfD nicht so einen Zulauf haben“, sagte er. Damit beschimpfe er nicht deren Wähler, sondern wende sich gegen ihre Populisten, die so viel „Hetze und Dummheiten“ verbreiten.