Und dann kam er auch noch dran.
Sechs Wochen später habe ich meine Sachen in eine Tüte gepackt und bin von meinem ersten Mann zu meinem zweiten gezogen. Das funktionierte auch ohne Sprache, ruck, zuck. Dann wurde ich schwanger, auch das ging ruck, zuck.
Wie alt waren Sie da?
Das sage ich nicht, sonst fangen Sie an zu rechnen. Mir gefällt es nicht, mein Alter zu verraten, weil manche Menschen dann glauben, dass ich meinen Kampf aufgebe. Die stecken mich gleich in eine Schublade, das ist wieder eine Form der Diskriminierung. Dabei hat mein Hexenbesen noch genug Treibstoff, ich fliege weiter herum.
Sind Sie mit Ihrem Hexenbesen auch von Hamburg nach Stuttgart geflogen?
Nein. Mein zweiter Mann, der Halding-Hoppenheit, wurde Chefredakteur beim Burda Verlag, deshalb kamen wir nach Stuttgart. Dieser Zufall war mein großes Glück. In Stuttgart habe ich sofort viele Schwule getroffen. Im Theater, im Ballett, in der Altstadt. Mein Leben war plötzlich wieder schön. Ich bin mit meiner neuen Clique zur Eröffnung in den Kings Club und habe gespürt: Das ist meine Welt. Mit dem roten Plüsch, dem Gold, die Männer kamen im Smoking, es war eine ehrwürdige Atmosphäre. Ich wusste, dass ich meinen Platz im Leben gefunden hatte.
Sie mussten zu der Zeit zwei Kinder großziehen: Wie haben Sie Ihr klassisch-bürgerliches Leben und das Nachtleben im Kings Club unter einen Hut bekommen?
Was für mich normal war, war für meinen Mann der Horror. Er stellte mich vor die Wahl: Familie und Karriere, oder es ist aus. Kurze Zeit später waren wir getrennt. Dass er allerdings sein ganzes Geld mitnehmen würde, hatte ich vorher nicht so geplant.
Ihre Haushaltskasse konnten Sie dank des Kings Clubs auffüllen.
Zuerst war ich nur Gast, dann habe ich ausgeholfen, die Aschenbecher ausgewischt, Gläser gespült und schließlich an der Bar gearbeitet. Das war die schönste Zeit überhaupt für mich. Ich habe mich unsterblich in den Besitzer des Kings Clubs verliebt und er sich in mich. Wir kamen zusammen, es war die große Liebe, aber es ist dann später auseinandergegangen, weil wir uns übers Geschäftliche gestritten haben.
Für eine Schwulenmutter haben Sie einen ordentlichen Männerverschleiß.
Als Aids aufkam, erlebten wir eine krasse Zeit, wir machten viel Aufklärungsarbeit. Das hat Kraft gekostet. Ich habe mich darüber mit meinem dritten Mann ohne Ende bekriegt. Wir haben uns dann getrennt. Damit war ich auch raus aus dem Kings Club, das war 1988, ich werde es nie vergessen.
Sie haben Ihre Heimat verloren.
Ich habe dann in einer anderen Kneipe angefangen, der Laden war sofort überfüllt. Das war für mich das Signal: Die Familie ist da. Anschließend hat ein großes Lokal an der Lautenschlager Straße geschlossen. Ich wollte es weiterführen und bin zur Bank gegangen, weil ich einen Kredit brauchte. Damals war es noch leichter, Kredite zu bekommen – und ich habe unterschrieben wie ein Weltmeister. Daraus ist dann Lauras Club entstanden. Im Kings Club war inzwischen nichts mehr los, das war nur noch eine Möbelausstellung.