Der 74-Jährige muss eine Geldstrafe zahlen und den Führerschein für drei Monate abgeben.

Leonberg - Ein Autofahrer aus Leonberg hat beim rückwärts Ausparken das benachbarte Fahrzeug gestreift. Doch anstatt die Halterin zu suchen oder die Polizei zu rufen, ergriff er die Flucht. Dabei machte eine Autofahrerin den 74-Jährigen sogar auf den Schaden aufmerksam.

 

Jetzt wurde der Architekt wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort am Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 3600 Euro verurteilt. Obendrein ist er auch seinen Führerschein für drei Monate los.

Dass der Mann der Polizei ins Netz ging, ist einer aufmerksamen Autofahrerin zu verdanken. Die 52-Jährige hatte den Unfall im Januar auf dem Kaufland-Parkdeck beobachtet. Zuerst habe er gedacht, dass er ihren Wagen touchiert habe, erzählte die Frau, die den Mann auf den Schaden an dem neben ihm geparkten Wagen hinwies. Dann habe sie sicherheitshalber ihr Handy gezückt und das Kennzeichen fotografiert. Eine weise Entscheidung. Denn nach dem Einkauf musste sie feststellen, dass der Unfall nicht im Einkaufsmarkt gemeldet worden war. Am Ende klemmte sie einen Zettel mit ihrer Telefonnummer unter die Scheibenwischer des beschädigten Fahrzeugs.

Hatte das Auto Vorschäden?

Die Halterin fiel aus allen Wolken, als sie die Kratzer und Dellen hinten an ihrem Wagen bemerkte. Der Schaden belief sich auf 1300 Euro. „Nein, mein Auto hatte keine Vorschäden“, antwortete die Leonbergerin genervt auf die Frage des Rechtsanwalts. Ob es aber zufälligerweise am Vortag zu diesen Beschädigungen gekommen sein könnte, das konnte die 31-Jährige nicht mit Sicherheit ausschließen.

Der Angeklagte hüllte sich in Schweigen. Stattdessen ließ er seine Ehefrau, die damals ebenfalls im Auto saß, in den Zeugenstand berufen. „Beim rückwärts Ausparken hatte der Sensor gepiept, dann stieg mein Mann aus, um nachzusehen“, berichtete die 52-Jährige sichtlich aufgeregt und versicherte: „Aber es war nichts.“

Ihre Aussage, wonach die beiden dann aber auf einem anderen Parkplatz eine halbe Stunde lang gewartet hätten, um sich von der betroffenen Autofahrerin nur bestätigen zu lassen, dass es nicht zum einem Streifschaden gekommen sei, stieß beim Richter auf großes Unverständnis.

Endgültige Gewissheit brachte schließlich das Gutachten des Sachverständigen, der die Schäden an den beiden Fahrzeugen eindeutig zuordnen konnte. Der Fachmann war sich auch sicher, dass der Angeklagte den Streifvorgang sowohl visuell als auch akustisch wahrgenommen haben muss. Nicht zuletzt zweifelte er das Schadengutachten der Versicherung an und sprach von einer wesentlich höheren Schadenssumme an dem Fahrzeug der Leonbergerin.

Staatsanwältin: „Das grenzt an Unverschämtheit!“

Spätestens als der Angeklagte trotz der Expertise keine Anstalten machte, seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzuziehen, platzte der Staatsanwältin der Kragen. „Normalerweise sehe ich das immer sachlich an, aber was der Angeklagte hier abliefert, grenzt an Unverschämtheit!“, redete sie sich in Rage und forderte in ihrem Schlusswort eine Geldstrafe von 3600 Euro sowie ein dreimonatiges Fahrverbot für den Leonberger.

Der Anwalt des Mannes war hingegen von der Unschuld seines Mandanten überzeugt und plädierte auf Freispruch. „Es ist noch immer nicht klar, ob der Schaden nicht schon am Vortag entstanden war.“ Der Amtsrichter Armin Blattner fand klare Worte für den 74-Jährigen: „Sie hatten einfach nicht den Mumm, die Verantwortung zu übernehmen.“

Für die Ehefrau des Autofahrers wird ihr Auftritt vor Gericht noch ein Nachspiel haben. Die Staatsanwältin kündigte nach der Verhandlung an, dass sie mit einer Anzeige wegen Falschaussage rechnen muss.