In ganz Deutschland werden höhere Flüchtlingszahlen gemeldet. Das zeigt sich jetzt auch vor Ort. 32 Menschen muss d Leonberg aktuell aufnehmen. Die Unterkünfte sind dicht und gedrängt, da sind Konflikte programmiert. Auch mit Einheimischen.

Leonberg - In ganz Deutschland werden höhere Flüchtlingszahlen gemeldet. Das zeigt sich jetzt auch vor Ort. 32 Menschen muss die Stadt aktuell aufnehmen, erklärt Jürgen Fein, der Leiter des Sozialen Dienstes. Dies sehe der Verteilungsschlüssel des Landratamtes vor. Der ganze Landkreis hat mit dem steigenden Strom der Asylbewerber zu kämpfen. 2012 musste die Stadt laut Jürgen Fein noch 19 Personen aufnehmen, in den Jahren davor zehn oder weniger. Bis Anfang August hat Leonberg bereits 16 Flüchtlinge untergebracht.

 

„In Leonberg nehmen wir Menschen auf, deren Asylverfahren bereits abgeschlossen ist, deren Antrag also gewährt oder abgelehnt wurde“, erklärt der Leiter des Sozialen Dienstes. Die klassischen Asylbewerber werden hingegen in den staatlichen Gemeinschaftsunterkünften in Böblingen und Herrenberg untergebracht, dafür sind diese Kommunen von der so genannten „Anschlussunterbringung“ befreit, die es in Leonberg gibt.

„Diese 16 Personen sind schon hart an der Grenze“, mein Jürgen Fein. Derzeit betreut das Sozialamt 21 Fälle. Hinter der Fallzahl stecken tatsächlich 32 Erwachsene und 23 Kinder. Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, warum diese Flüchtlinge bleiben dürfen. Fünf haben eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Neun Erwachsene und drei Kinder dürfen dauerhaft in Deutschland bleiben. In 21 Fällen wurde der Asylantrag abgelehnt, aber eine Duldung ausgesprochen. Das betrifft in Leonberg 23 Erwachsene und 20 Kinder.

Auch Obdachlose müssen betreut werden

Aber nicht nur Verfolgte muss die Stadt versorgen. Dazu kommen weitere 98 Fälle, in denen sich die Verwaltung um wohnungslose Menschen kümmert, darunter hiesige Familien, die ihre Wohnung verloren haben. Aber auch aus anderen Ländern, die keine Flüchtlinge sind.

Wurde ein Asylantrag bewilligt, so können die Flüchtlinge die Gemeinschaftsunterbringungen verlassen. In Leonberg werden sie dann zunächst in Unterkünften für Wohnungslose gebracht. Das Ziel ist, sie in ein eigenständiges Leben zu führen, damit sie nicht mehr in den städtischen Unterkünften bleiben müssen.

„Bei jungen Männern, vor allem mit hohem Bildungsstand, klappt das ganz gut. Für Familien mit Kindern gibt es hier fast keine Chance“, sagt Jürgen Rein. Die Lage auf dem Leonberger Wohnungsmarkt sei einfach zu angespannt. „Hier wird nur im hohen Preissegment gebaut. Das bereitet uns massive Probleme“, erklärt der Sozialdienstleiter. Denn schließlich muss die Stadt auch noch die übrigen Wohnungslosen. Finanzieren muss die Verwaltung dies fast selbstständig: Für jeden Flüchtling erhält Leonberg einmalig 125 Euro.

Bei einigen Asylbewerbern wird der Antrag zwar abgelehnt, aber dennoch eine Duldung oder Aufenthaltsbefugnis ausgesprochen. Zum Beispiel, wenn nicht absehbar ist, wie sich die kritische Situation im Herkunftsland entwickelt, etwa in Syrien. Auch diese Flüchtlinge können Leonberg zugeteilt werden. Und die bleiben meist lang in den Unterkünften.

„Bei einer Duldung wird ein Umzug in Privatwohnungen von der Sozialbehörde nicht genehmigt“, erklärt der Leiter des Sozialen Dienstes. Das Gesetz sehe nicht vor, dass diese Menschen integriert werden.

Der Arbeitskreis Asyl hilft den Heimatlosen

Der Arbeitskreis Asyl kümmert sich um die Flüchtlinge und Wohnungslosen in Leonberg, hilft bei Behördengängen, Sprachschwierigkeiten und vermittelt Kontakt. Heidi Fritz leitet die beim Kirchenbezirk angedockte Gruppe seit 1994 und kennt die Probleme der Heimatlosen. „Die Menschen werden aus den Sammelunterkünften in Böblingen oder Herrenberg herausgerissen“, sagt Fritz, „dann kommen sie in eine neue Umgebung, in eine neue Wohnung, in der oft nicht mal Möbel drin sind.“ Hier wolle man helfen. In den städtischen Unterkünften wohnten die Familien oft zusammen gedrängt.

„In der Au sind große Familien in Drei-Zimmer-Wohnungen untergebracht. Da lebt zum Beispiel eine irakische Familie mit sechs Kindern“, berichtet Heidi Fritz. Bei so vielen Menschen auf engem Raum gebe es viel Konfliktpotenzial. Dies sei jedoch nicht auf kulturelle oder ethnische Gründe zurückzuführen. „Lassen Sie mal fünf deutsche Familien mit vier Kindern so zusammenleben. Da sind Konflikte genauso programmiert“, gibt Fritz zu bedenken. Um dem Platzproblem Abhilfe zu schaffen, hat der Gemeinderat erst Ende Juni den Bau einer neuen Containersiedlung am Rande der Gartenstadt beschlossen. Dort sollen 24 Einzelunterkünfte eingerichtet werden. Der Beschluss war umstritten, einige Anwohner hatte sich damals gegen die Bauweise ausgesprochen.

„Die neue Wohnanlage ist nichts für Familien. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Menschen, die dort leben, stigmatisiert werden“, kritisiert die Leiterin des Arbeitskreises Asyl. Doch bis die neue Siedlung fertig ist, wird es noch etwas dauern. Und der Platz für Flüchtlinge und Wohnungslose wird bis dahin weiter knapp sein.