Es ist 12 Uhr mittags. Auf dem Gang ist viel los. Ein paar Männer stehen zusammen und unterhalten sich. Es ist ein Mischmasch aus Farsi, einer persischen Sprache, Englisch und Deutsch. Auch in der Küche herrscht Hochbetrieb. Drei Küchen pro Etage gibt es für die Bewohner. Eine Frau aus Syrien, in ein Kopftuch mit Leopardenmuster gehüllt, kocht Makkaroni. Das mögen ihre Kinder. Daneben steht eine andere Frau aus dem Iran – ohne Kopftuch. „Wir sind vom Islam zum Christentum konvertiert“, sagt sie und rührt in dem persischen Reisgericht mit Hühnchen, das den Raum mit dem Duft vieler Gewürze erfüllt. Um ihren Hals trägt sie eine Kette mit einem winzig kleinen Kreuz daran. „Die Mullahs haben gesagt, Konvertiten müssen getötet werden“, erzählt sie. Deshalb floh sie mit ihrer erwachsenen Tochter und ihrem fast volljährigen Sohn. Zuerst in die Türkei, von dort nach Deutschland. Ihren Namen möchte die Frau nicht nennen. Ihr Ehemann ist noch im Iran, sie hat Angst, dass dann etwas passiert.

Feras Alrawasheh ist ungeduldig. Der junge Mann aus Syrien möchte auch unbedingt seine Geschichte erzählen. „Meine Frau Dyala und ich sind seit vier Monaten in Deutschland“, sagt er in fast perfektem Deutsch. Warum er Syrien verlassen hat? „Jeder kennt die Situation dort“, sagt er abwehrend und spricht schnell über etwas anderes. Feras ist Arzt, seine Frau Anwältin. Sie wollen arbeiten, so schnell wie möglich. „Wenn man als Mediziner sechs Monate nicht arbeitet, vergisst man das ganze Wissen, das man braucht“, sagt der junge Syrer. Wann über ihren Asylantrag entschieden wird, das weiß keiner. Manchmal dauert es nur wenige Monate, manchmal bleiben die Menschen zwei Jahre in den Gemeinschaftsunterkünften. Oft bekommen die Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien nur eine Duldung ausgesprochen. Bis vor kurzem hieß das noch: keine Arbeitserlaubnis. Mittlerweile wurde diese Regelung gelockert. Auch Flüchtlinge ohne permanente Aufenthaltsgenehmigung, aber mit Duldung, dürfen jetzt in Deutschland arbeiten.

Das Nichtstun und die Ungewissheit setzen dem Ehepaar zu. Immer öfter streiten die beiden. „Der immer gleiche Tag hier macht depressiv. Aufstehen, Mittagessen, schlafen. Wir wollen etwas tun“, sagt Feras mit Nachdruck. Er ist mit einem Visum für drei Monate nach Deutschland gekommen. Dyala dagegen war 1,5 Monate mit Schleppern unterwegs. „Wir sind mit dem Auto in die Türkei gefahren und von dort mit dem Boot nach Griechenland. Dann sind wir bis nach Kroatien zu Fuß gegangen“, erzählt die junge Frau. Sie seien dankbar für das Dach über ihrem Kopf, aber sie möchten so schnell wie möglich raus aus der Flüchtlingsunterkunft. Sie wollen selbstständig sein, zurück in ein normales Leben, ohne Krieg und Bomben, ohne sich eingesperrt zu fühlen.