Zeugenaussage ohne Öffentlichkeit: Eine Polizeibeamtin berichtet von der Vernehmung der jungen Frau.

Leonberg - Im Prozess gegen einen früher in Leonberg lebenden Mann, der sich am Stuttgarter Landgericht wegen sexuellen Missbrauchs an seiner Tochter verantworten muss, hatte diese ihre Aussage unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemacht. Jetzt aber berichtete eine Polizeibeamtin detailliert aus der Vernehmung der jungen Frau im Januar 2014.

 

Demnach sagte die heute 26-Jährige aus, dass sie erstmals im Alter von vier Jahren in der damaligen Wohnung in Leonberg von ihrem Vater missbraucht worden sei. Laut der Kriminaloberkommissarin hatte sie der heute 52-Jährige regelmäßig beim Einseifen unter der Dusche oder auch beim Abtrocknen im Intimbereich berührt – in der Regel alle zwei Wochen, manchmal auch häufiger.

Später nach dem Umzug der Familie nach Sinsheim 1997 hätten die Übergriffe zugenommen. Laut der Tochter hatte der Angeklagte auch mit ihr geduscht und sie dabei unsittlich angefasst. Zudem gab sie gegenüber der Polizistin an, dass ihr Vater dabei sexuell erregt gewesen sei. „Damals habe sie aber nichts Ungewöhnliches darin gesehen und gedacht, das sei ganz normal“, berichtete die Polizistin vor Gericht.

Tochter mit Alkopops betrunken gemacht

Als das Mädchen sieben Jahre alt gewesen sei, habe der Vater auch beim Autofahren versucht, ihr unter das Kleid zu greifen. Weil sie sich aber gewehrt habe, habe er von ihr abgelassen. Zwei Jahre später habe er sie unter dem Vorwand, ihr die neu angeschafften Küchengeräte zeigen zu wollen, ins Zimmer gelockt. Dort habe er dann ihren Slip beiseitegeschoben und sie abermals im Intimbereich berührt. „Als sie sich zur Wehr setzen wollte, meinte der Angeklagte, dass sie ihm vertrauen solle. Schließlich wisse er als Vater, was gut sei“, erzählte die Polizistin. Später habe der 52-Jährige seine Tochter sogar betrunken gemacht, um sich dann an ihr zu vergehen. So habe er an einem Wochenende in Abwesenheit seiner Frau Alcopops besorgt, um damit angeblich eine seiner Tochter in einem Mathetest zu feiern. Auch habe er der Beamtin zufolge einmal vorgeschlagen, „ für einen kleinen Spaß zwischendurch“ die Matratze des elterlichen Wasserbetts mit Rasierschaum einzusprühen, um darauf nackt herumzurutschen, was die damals 14-Jährige aber abgelehnt hatte.

Damit das Mädchen seiner Mutter nichts von den sexuellen Übergriffen erzählt, behauptete der 52-Jährige laut der Beamtin, dass diese dann eifersüchtig auf ihre Tochter werde, sollte sie es erfahren. Wie es kam, dass sich die heute 26-Jährige an Vorfälle erinnern konnte, die sie im Alter von vier Jahren erlebt haben soll, erklärte die Tochter damit, dass sich das Verhalten ihres Vaters stark vom Umgang der Mutter, Oma oder der Tagesmutter unterschieden habe, weshalb sich die Erlebnisse in ihr Gedächtnis eingebrannt hätten.

Angeklagter vermutet Intrige

Dass der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von seiner Ex-Frau nur vorgeschoben wurde, um damit den Umgang des 52-Jährigen mit dem jüngsten der drei gemeinsamen Kinder zu verhindern, wie der Angeklagte vor Gericht vermutete, dafür fand die Beamtin auf Nachfrage des Richters keine Anzeichen. „Die Tochter erklärte die Anzeige damit, dass sie mit dem Kapitel sexueller Missbrauch endlich abschließen wollte, weil vieles in ihrem Leben schief gelaufen ist“, berichtete die Polizistin.

Auf Antrag der Verteidigerin verlas der Richter am letzten Tag der Beweisaufnahme übrigens auch aus dem Protokoll der Verhandlung am Oberlandesgericht, an dem die früheren Eheleute um das Umgangsrecht mit der damals Elfjährigen stritten. Dort sagte das Mädchen aus, dass sein Vater es nie unsittlich berührt habe. Dieses Thema kam auf, als die Ex-Frau des Angeklagten von dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs an ihrer ältesten Tochter erfahren hatte.

Weil die Verhandlung teilweise nicht öffentlich geführt wurde, wurden auch die Plädoyers der Staatsanwaltschaft, der Nebenklage und der Verteidigung unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten. Das Urteil der 16. Großen Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts wird für Anfang Oktober erwartet.