Sieben Asylunterkünfte öffnen ihre Türen für Besucher. Viele Bürger nutzen die Chance für einen Blick in die Heime – und sind angenehm überrascht. Die Asylfrage war auch Thema eines Flüchtlingsgipfels im Kreis.

Leonberg/Renningen - Aus verschiedensten Gründen haben mehrere Hundert Bürger am Sonntag einen Tag der offenen Tür genutzt, um sich die Flüchtlingsunterkünfte in Leonberg in der Rutesheimer Straße und in Malmsheim in der Voithstraße anzuschauen. Das Thema Flüchtlingsunterbringung bewegt nahezu jeden. Wie die Realität aussieht, will das Landratsamt Böblingen mit einem Tag der offenen Tür in sieben der 21 Gemeinschaftsunterkünfte des Landkreises zeigen.

 

Während in Malmsheim die Resonanz der Bürger auf die Veranstaltung verhalten ist, wird die Gemeinschaftsunterkunft in Leonberg gegenüber der Kfz-Zulassungsstelle vom Besucherstrom regelrecht überrollt. Alle Türen sind offen, auf den Fluren kommen die Besucher untereinander und mit den Bewohnern bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch. Soweit das möglich ist. Denn die Sprachbarriere ist sehr groß, kaum einer der Flüchtlinge spricht Englisch, Deutsch wird gerade erst erlernt.

50 Kinder hoffen auf eine bessere Zukunft

In Leonberg wohnen in der Rutesheimer Straße im Moment 140 Menschen, die von der Sozialarbeiterin Christina Elfeldt bei der Eingliederung unterstützt werden. Allein rund 50 Kinder sind darunter. Gerade erst ist ein Kind hier zur Welt gekommen. Der erste echte Leonberger unter den Flüchtlingen. „Ihn müssen wir noch anmelden“, sagt Christina Elfeldt und lacht. Sie unterstützt die Familien, wo sie kann.

Der Großteil der Menschen kommt vom Balkan, zum Beispiel aus Serbien oder Mazedonien. Einige der Familien rechnen schon damit, dass sie vielleicht nicht in Deutschland bleiben können. Die Asylverfahren laufen noch. Doch alle begegnen den Besuchern sehr freundlich. Das ist der Eindruck von Ingeborg und Klaus-Dieter Hertig aus Leonberg. „Die Verständigung ist sehr schwierig“, berichten sie. „Aber wir wollten uns gerne anschauen, wie die Menschen hier wohnen. Unser Eindruck ist, dass sie sehr gut untergebracht sind.“

Neben den Gemeinschaftsräumen wie Küche, Bad und WC, Waschmaschinenraum und den Außenanlagen mit Spielmöglichkeiten hat jede Familie ein großes Zimmer für sich. Auch die Leonberger Familie Kaisser ist mit der Oma und den beiden Kindern vorbeigekommen. Sie haben mit einigen der Bewohner gesprochen, Kriegsflüchtlinge haben sie allerdings nicht getroffen. Nur rund 30 der Asylbewerber in dieser Unterkunft stammen aus Syrien. Es sind ausschließlich alleinstehende Männer.

Resonanz in Malmsheim ist verhaltener

Die Ausstattung der Räume in Malmsheim hat den gleichen Standard wie in Leonberg. Auch hier stehen zwei Musterwohnräume offen. Die Häuser stehen am Rand der Felder, ein großer Vorteil für die Kinder. 164 Menschen leben hier zurzeit. Wohnheimleiter Peter Röding betreut die Asylbewerber. Damit das Zusammenleben klappt, sind auch Gemeinschaftsarbeiten auf freiwilliger Basis notwendig. Laub rechen zum Beispiel, und auch die Unterkunft sauber halten. Natürlich stehen auch Deutschkurse und Bastelnachmittage für die Kinder auf dem Programm. Ein junges Paar aus Leonberg will sich einen ersten Eindruck von den Wohnverhältnissen verschaffen. Georg und Deborah Berg haben sich auf den Aufruf im Renninger Mitteilungsblatt hin als Paten gemeldet. „Wir sind zwar beide berufstätig, wollen aber als Christen gerne helfen.“ Sie werden den Kindern bei den Hausaufgaben helfen oder mit ihnen Deutsch üben.

Auch in Böblingen und Sindelfingen sind viele Besucher gekommen. Die meisten Menschen hätten die Bilder in den Medien über schlimme Verhältnisse in staatlichen Unterkünften im Kopf, meinte der Landrat Roland Bernhard, als er einlud. „In unserem Kreis läuft es aber völlig anders. Das wollen wir der Bevölkerung zeigen.“

Flüchtlingsgipfel tagt

Bereits am Samstag hatten sich in Sindelfingen mehr als 250 Helfer zu einem Flüchtlingsgipfel getroffen. Während sich auf Europa- und auf Bundesebene die Politiker darüber streiten, ob und wie man den Strom der Flüchtlinge abwehren kann, geht man im Kreis Böblingen die aktuelle Krisensituation pragmatisch an. Praktische Fragen zu Sprachvermittlung und Berufseinstieg standen im Mittelpunkt der Veranstaltung. „Es geht nicht um die Frage, ob wir das schaffen oder nicht, sondern darum, wie wir es schaffen können“, brachte der Böblinger Landrat Roland Bernhard die Meinung der Kreisverwaltung sowie der meisten Teilnehmer des Gipfels auf den Punkt. Unterstützung erhält Bernhard dabei auch von vielen Kreisräten. Etliche von ihnen nahmen am Gipfel teil.