Ein Experte empfiehlt mehr Technik, mehr Marketing, flexible Preise und Gastronomie auf dem Vorplatz. Obwohl die Lage eigentlich ideal ist, schreibt die Stadthalle seit Jahren rote Zahlen. Auch optisch macht die gute Stube der Stadt nicht den besten Eindruck.

Leonberg - Die Lage ist hervorragend. Die Stadtmitte und das Leo-Center sind in unmittelbarer Nähe, das Amber-Hotel direkt nebenan. Die grüne Oase des Stadtparks schließt sich hinterrücks an. Wer auf der Terrasse des dazugehörigen Restaurants Corfu Palace sitzt, könnte meinen, er sei gerade auf der Insel der Kaiserin Elisabeth, besser bekannt als Sissi.

 

Doch trotz all dieser Pluspunkte hat die Stadthalle ein großes Problem. Seit Jahren schreibt sie tiefrote Zahlen. Das Kultur- und Kongressgeschäft läuft nicht wirklich gut. Mittlerweile macht die gute Stube der Stadt auch optisch nicht mehr den besten Eindruck. Vom kahlen Vorplatz ganz zu schweigen.

Wie ist dieser Abwärtstrend zu stoppen? Wie kann das Kulturangebot verbessert, wie die Zahl der Tagungen erhöht werden? Antworten auf all diese Fragen hat Thomas May. Er ist Chef der Baseler Beratungsgesellschaft Symbios, die sich auf das Geschäft mit Hallen und Kongresszentren in Städten oder Flughäfen spezialisiert hat.

Zwar hat der Schweizer Experte sonst in Mainz, München oder Peking zu tun. Aber für die Leonberger Stadthalle ist ihm ebenfalls einiges eingefallen. Was genau, das hat May jetzt dem Gemeinderat präsentiert.

Think big, denke groß, ist das Motto des Hallenfachmanns. Dieses sei auch problemlos auf Leonberg anzuwenden, schließlich liege die Stadt im unmittelbaren Stuttgarter Umfeld, sei mithin sowohl mit dem Flugzeug als auch mit dem ICE gut zu erreichen. Und die Autobahnen sind vor der Tür.

Mays Schlussfolgerung: die Halle ist nicht nur für heimische Akteure interessant, sondern zudem für jene, die in der Landeshauptstadt nicht fündig geworden sind oder die dortigen Preise nicht akzeptieren. Denn die sind in Leonberg deutlich günstiger. Sieben Jahre wurden sie nicht erhöht.

Dass die Leute trotzdem in der Stadthalle nicht Schlange stehen, macht der Experte an mehreren Faktoren fest: Die Halle ist einfach in die Jahre gekommen. Die Tagungsräume sind nicht auf dem heute üblichen technischen Stand, haben noch nicht einmal Beamer. Und über W-Lan verfügt das Gesamthaus ebenfalls nicht. Das aber sind heute Selbstverständlichkeiten, erklärt May den Stadträten.

Eine weiteres Manko bekommt die Runde unmittelbar zu spüren: die fehlende Klimaanlage. In allen Räumen ist es drückend heiß. Auch die Restaurant-Pächter sehnen sich eine Kühlung herbei und sind froh, dass sie während der aktuellen Hitzewelle ausreichend Außengastronomie haben.

Von der könnten sie noch mehr bekommen, sagt Hallentester May. Der sogenannte Bürgerplatz vor der Halle ist in seinen Augen alles andere als einladend. Hier sollten weitere Stühle und Tische aufgebaut werden, um den Passanten zu signalisieren: Hier bekommt man etwas Gutes geboten!

Damit ist May bei einem weiteren Schwachpunkt: „Die Halle macht von außen einen schäbigen Eindruck“, stellt er knallhart fest. „Die Glasscheiben müssen gereinigt werden, die Fassade erneuert.“

Um all das anzugehen, bedarf es eines professionellen Managements. „Sie brauchen viel mehr Marketing“, empfiehlt der Schweizer den Leonbergern. „Dafür muss ein Mitarbeiter klar verantwortlich sein.“

Auch die Auslastung der Halle müsse optimiert werden. 40 Veranstaltungen gibt es im Monat. Flaute herrscht im Dezember und vor allem im August. May: „Schließen Sie lieber in dieser Zeit. Dann können Ihre Mitarbeiter Überstunden abbauen.“

Außerdem müsste Schluss sein mit den starren Saalmieten. Sprich: hohe Preise in der Hochsaison, günstige Tarife in den publikumsschwachen Phasen.

Sponsoring vermisst der Fachmann völlig: „Warum verkaufen Sie nicht die Namensrechte ihrer einzelnen Säle?“, fragt May die teilweise verdutzten Politiker. „Die Allianz zahlt für ihre Arena in München 30 Millionen Euro im Jahr.“ Auch ein Förderverein oder Freundeskreis könne dazu beitragen, Geld für die dringend notwendigen Investitionen zu bekommen.

Denn eines ist für May völlig klar: Wird nichts getan, geht der Abwärtstrend weiter. Werde aber jetzt mindestens eine Million Euro in die Hand genommen, so könnte die Kundenzahl kontinuierlich gesteigert, das Defizit langfristig gesenkt und die Existenz der Halle gesichert werden. Die Politik will nach den Ferien die Vorschläge erörtern.