„Ich wollte nur das Beste für sie“, beteuerte der geknickte Vater am Amtsgericht. Der Mann hatte sich mit der dreijährigen Tochter entgegen einer mit seiner getrennt lebenden Frau getroffenen Vereinbarung für mehrere Monate nach Deutschland abgesetzt.

Leonberg – „Ich wollte nur das Beste für sie“, beteuerte der sichtlich geknickte Vater am Leonberger Amtsgericht. Der Mann hatte sich mit der damals dreijährigen Tochter entgegen einer mit seiner getrennt lebenden Ehefrau getroffenen Vereinbarung für mehrere Monate nach Deutschland abgesetzt. Doch weil die Mutter über ein Gericht in Ungarn das alleinige Sorgerecht erreichte, kam das Kind am Ende wieder zu ihr. Jetzt ist der Leonberger wegen Kindesentführung zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt worden.

 

Unter Tränen verlas der Mann seine Leidensgeschichte. 2010 heiratete er in Leonberg die aus Ungarn nachgezogene Ehefrau. Im selben Jahr kam die Tochter zur Welt. Bei einem Urlaub in der Heimat folgte der Bruch – seine Frau verließ ihn mit dem Kind. Der 49-Jährige setzte alle Hebel in Bewegung, doch er wandte sich vergeblich an Jugendamt, Polizei und Gericht. „Mein Kind wurde mir vorenthalten und niemand half mir“, sagte er verzweifelt.

Schließlich einigten sich die Eltern auf eine Vereinbarung über das Umgangsrecht: Das Kind blieb bei der Mutter in Ungarn, doch der Vater durfte es an jedem geraden Wochenende sowie für die Hälfte der Kindergartenferien zu sich nehmen. Wie vereinbart, holte er die Tochter auch an jenem Wochenende im Juli 2013 ab. Doch anstelle sie danach wieder zurückzubringen, reiste er mit ihr über die restlichen Sommerferien nach Deutschland. Die Mutter erstattete Anzeige wegen Kindesentführung. Später folgte auch ein Verfahren am Stuttgarter Oberlandesgericht.

Im Altkreis hielt er sich bei Freunden auf. Um die Rückführung zu erschweren – darin war sich die Staatsanwältin sicher – , hat er sich nicht in seiner früheren Wohnung in Leonberg abgemeldet. Bis auf eine E-Mail und SMS vermied er offenbar auch den Kontakt zur Mutter. Nach einem Beschluss durch ein ungarisches Kreisgericht im September 2013, welches das alleinige Sorgerecht der Mutter zugesprochen hatte, wurde das Kind im Mai vor einem Jahr ausfindig gemacht und nach Ungarn gebracht.

Der Leonberger beharrte auf sein Recht, obwohl die Tochter zum Zeitpunkt der Reise nach Deutschland noch nicht im Kindergarten war und er somit gegen die Vereinbarung verstieß. „Außerdem wollte sie nicht zurück, weil sie Angst vor ihrer Mutter hatte“, sagte er und berichtete davon, dass sie geschlagen worden sei. Der Systemelektroniker, der damals sogar seinen Job aufgab, habe nur das Beste für seine Tochter gewollt. „Da aber meistens Frauen von dieser Problematik betroffen sind, wird man als Mann nicht wahrgenommen“, übte er verbittert Kritik an den Behörden.

Der Vorsitzende Amtsrichter zeigte Verständnis. „Aber in diesem Verfahren geht es nicht um das Kindeswohl, sondern um die Rechte der Mutter“, sagte Armin Blattner nach der Urteilsverkündung. Und der Tatbestand einer Entziehung von Minderjährigen sei nun einmal erfüllt. Die Staatsanwältin hatte eine Geldstrafe von 1500 Euro beantragt. Sein Anwalt forderte Freispruch. „Beide Elternteile hatten das Sorgerecht und durften bestimmen, wo das Kind bleibt“, befand er. Wie tief der Graben zwischen den Eltern ist, davon durfte sich auch das Gericht überzeugen. Die 41-Jährige, die für die Verhandlung aus Ungarn angereist war, weigerte sich, die Weihnachtsgeschenke für die Tochter mitzunehmen.