Der Gemeinderat hat sich für einen Neubau entschieden, weil dieser unter dem Strich wirtschaftlicher ist.

Leonberg - Wenn am Wochenende die interessierten Leonberger ins neue Rathaus am Belforter Platz strömen, um mit dem Oberbürgermeister und anderen Vertretern der Verwaltung hinter die Kulissen zu schauen, dann sollte allen klar sein, dass vor fünf Jahren noch niemand an ein neues Rathaus gedacht hat. Denn das sechsstöckige Rathaus ist in einem beachtlichen Tempo entstanden.

 

Im Jahr 2012 begann sich abzuzeichnen, dass im ehemaligen, 1960 erbauten Landratsamt, in das 1973 die Stadtverwaltung einzog, baulich einiges im Argen lag. Die Trinkwasserrohre waren hinüber, Regenwasser trat durch das Dach ein, die Fassade bröckelte, die Heizung streikte, die Fenster und Glasfronten waren undicht. Aber vor allem das Stromnetz musste dringend saniert werden. In Zusammenhang damit musste der Brandschutz überdacht und erneuert werden. Selbst nach Investitionen von mehr als 400 000 Euro in den Brandschutz hieß es, dass eine Nutzung als Verwaltungssitz nur bis 2017 geduldet werde.

Im April 2013 hat der Gemeinderat dann eine Sanierung des Rathauses geprüft. Doch dann stellte sich heraus, dass man damit einen Domino-Effekt auslöst. Bis auf das Betonskelett hätte alles entbeint werden müssen. Dafür hätte für mindestens zwei Jahre die gesamte Verwaltung ein neues Domizil benötigt. Selbst die Fassade hätte man ganz abtragen und erneuern müssen, denn sie entsprach nicht mehr der Energieeinsparverordnung.

Wie es zur Entscheidung kam

Räumlich wäre nichts gewonnen worden. So musste über einen Anbau nachgedacht werden, um weitere Verwaltungseinheiten zusammenzuführen: Das Kultur- und Sportamt in der Bahnhofstraße sowie das Technische Rathaus und das Gebäudemanagement in der Post. Dabei standen dem Gebäudeversicherungswert von zwölf Millionen Euro die geschätzten Sanierungskosten, die in nur einem Jahr um eine Million Euro auf 15 Millionen Euro angewachsen waren, entgegen.

Vor diesem Hintergrund war bald klar, dass die Entscheidung für einen Neubau fallen wird. Allerdings ist für Leonberg der Rathausneubau ein besonderes Ereignis gewesen, wurde doch zum letzten Mal im Jahr 1478 in der damaligen Kernstadt ein Rathaus errichtet, das heute noch als sogenanntes Altes Rathaus am Marktplatz genutzt und geschätzt wird.

Im November 2013 fiel der Gemeinderatsbeschluss, dass das historische Rathaus am Marktplatz unverändert bleibt und am Belforter Platz ein neues gebaut wird. Dazu musste ein Fachbüro gefunden werden, welches das Projekt steuert.

Europaweite Ausschreibung

Im Januar 2014 wurde das Projektsteuerungsbüro Drees und Sommer ins Boot geholt, das beauftragt wurde das „Integrierte Wettbewerbsverfahren“ vorzubereiten. Angesichts der Größe des Vorhabens, der Komplexität und der Bausumme musste die Ausschreibung europaweit erfolgen. Es galt ein Raumprogramm für das Rathaus zu erarbeiten, eine Leistungsbeschreibung sowie einen Kriterienkatalog aufzustellen, um die Angebote der Bieter beurteilen zu können. Im April wurde der Wettbewerb ausgeschrieben.

Bis zum 16. Juli mussten die Angebote eingehen, die zwei Wochen später beurteilt wurden. Von den sechs Bietern wurden drei ausgewählt, mit denen weiter verhandelt wurde. Am 16. Dezember 2014 dann die Entscheidung. Der Gemeinderat hat den Rathausneubau an die Bietergemeinschaft Schaller Architekten und Wolff und Müller vergeben. Dank des gewählten integrierten Ausschreibungsverfahrens konnte das Budget zum Baubeginn festgeschrieben werden mit rund 25 Millionen Euro, was in Zeiten stets steigender Baukosten von nicht zu unterschätzendem Wert war und ist. Am 30. Dezember haben alle Partner den Vertrag unterzeichnet.

Letzte Sitzung am 10. März

Bereits im Februar 2015 wird das Gelände rund ums Rathaus für die künftige Baustelle vorbereitet. Die letzte Gemeinderatssitzung findet im bisherigen Sitzungssaal am 10. März statt, ab dann tagt das Gremium in der Stadthalle. Im Juni kommen die Abrissbagger und reißen den Sitzungstrakt ab. Am 24. Juni erfolgt der offizielle Spatenstich. Die Baugrube wird ausgehoben, sodass bis Ende September die Gründungspfeiler für den Rathausneubau gesetzt werden können. In den Folgemonaten wächst das Rathaus Stock für Stock und am 23. Februar 2016 konnte traditionell das Richtfest gefeiert werden.

Doch mit den Neubau verändert sich auch der Vorplatz und so hat im April 2016 der Gemeinderat dessen Gestaltung beschlossen. Der Rathausvorplatz war nicht Teil der Ausschreibung des Rathausneubaus. Er gehört inhaltlich zum Leonberger Stadtumbau und übernimmt auch die Funktion einer guten Verbindung zwischen der neuen Stadtmitte und der Altstadt sowie auch zwischen dem Schulzentrum und dem Sportzentrum.

Stadthalle als Ausweichquartier

Am 20. Dezember 2016 tagt der Gemeinderat zum letzten Mal im „Ausweichquartier“ Stadthalle und eine Woche später beginnt der Umzug mit der Registratur. Die anderen Mitarbeiter packen die Umzugskisten, denn es ist eine Punktlandung: Am 30. Dezember wird der Schlüssel des Rathausneubaus an die Stadtverwaltung übergeben. Vom 2. bis zum 5. Januar 2017 geht der Umzug über die Bühne. Am 9. Januar packen die Mitarbeiter ihre Umzugskisten aus und räumen ihre neuen Büros ein, damit am 10. Januar das Rathaus offiziell eröffnet werden kann. Im Februar rücken die Abrissbagger an und machen das alte „Neue Rathaus“ dem Erdboden gleich. In wenigen Tagen sind auch Außenflächen fertig gestaltet.

Fehlt nur noch die offizielle Rathauseinweihung. „Ein Rathaus ist ein Haus für die Bürger der Stadt, deshalb wollen wir gemeinsam einen Tag der offenen Tür im und um den Neubau feiern“ sagt Oberbürgermeister Bernhard Schuler. Bürger aus Leonberg sowie Interessierte aus dem Umland sind deshalb am Tag der offenen Tür am Sonntag, 9. Juli, von 12 bis 17 Uhr eingeladen. sich einen persönlichen Eindruck vom Rathaus zu verschaffen. Und nicht zuletzt ein Fest für Groß und Klein, Jung und Alt zu genießen.