Mit dem Gang an die Börse will das Unternehmen aus Villingen-Schwenningen das Wachstum finanzieren – mit LED-Leuchten.

Villingen-Schwenningen - Trotz Unsicherheit an den Kapitalmärkten strebt die Hess AG, Anbieter von Außenleuchten für Straßen und Plätze, an die Frankfurter Börse. Der Börsengang des mittelständischen Familienunternehmens könnte noch im Oktober erfolgen, verlautet aus Finanzkreisen. Ein Sprecher von Hess wollte sich dazu nicht äußern. „Wir bereiten uns konsequent auf den Börsengang vor und können den Prozess jederzeit starten“, wird Firmenchef Christoph Hess in einer Mitteilung zitiert. Die Hess-Aktien sollen einmal im streng regulierten Prime Standard notiert werden. Wie viel Geld der Börsengang dem Unternehmen aus Villingen-Schwenningen in die Kasse spülen soll, wollte der Sprecher nicht sagen. In Finanzkreisen wird über einen zweistelligen Millionenbetrag spekuliert.

 

„Die Altgesellschafter wollen keine Kasse machen“, betonte der Sprecher. Die Altgesellschafter sind die Familie Hess, die das Unternehmen bereits in dritter Generation führt, sowie der Finanzinvestor Holland Private Equity in Amsterdam, der im vergangenen Jahr seinen Anteil um fünf Punkte auf nun knapp 30 Prozent erhöht hat. Vielmehr sollen die Emissionserlöse zur Finanzierung des Wachstums verwendet werden. Das spricht für eine Kapitalerhöhung. Wachstumschancen rechnet sich der Mittelständler vor allem im Ausland aus. Heute werden 50 Prozent des Umsatzes in Deutschland erzielt. „Das ist zu viel“, sagt der Hess-Sprecher. „Wir müssen uns breiter aufstellen.“ Dabei denkt er an den Mittleren und Nahen Osten sowie an Indien und Nordamerika. Auch das Bevölkerungswachstum kommt Hess dabei zugute. Dabei soll zunächst das Vertriebsnetz erweitert werden. Derzeit exportiert Hess in mehr als 50 Länder. Entwickelt und produziert wird an drei Standorten: im Stammwerk in Villingen-Schwenningen, im sächsischen Löbau sowie in Gaffney, im US-Bundesstaat South Carolina. Montiert wird zusätzlich in Gemeinschaftsunternehmen in China und in Japan.

Investitionen in die LEDs

Aber auch der technologische Wandel soll in den kommenden Jahren ein „dynamisches Wachstum“ (Hess) ermöglichen. Die Villinger setzen dabei auf Stichworte wie Energieeffizienz. Sie wollen stärker in die sparsame LED-Technologie investieren; Akquisitionen scheinen nicht ausgeschlossen. Experten gehen davon aus, dass in den kommenden Jahr – auch dank EU-Verordnung – immer mehr LED-Leuchten eingesetzt werden, die bis zu 50 Prozent weniger Energie verbrauchen als herkömmliche Leuchten. Einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey zufolge soll der weltweite LED-Markt zwischen 2011 und 2020 um rund 30 Prozent pro Jahr auf 57 Milliarden Euro wachsen. Schon heute spiegelt sich die wachsende Bedeutung von LED – die Abkürzung steht für Licht emittierende Diode – im Umsatz von Hess wider: wurden 2009 knapp fünf Prozent der Erlöse mit LED erzielt, waren es im vergangenen Jahr bereits 22 Prozent.

Insgesamt haben die Villinger im vergangenen Jahr mit 360 Mitarbeitern – 200 davon sind am Stammsitz tätig – 68 Millionen Euro umgesetzt, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) lag bei 5,6 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr dieses Jahres schnellte der Umsatz gar um 39 Prozent in die Höhe. Dies ist allerdings nur zum Teil aus eigener Kraft erfolgt. Im Frühjahr hat Hess die Frankfurter Emdelight komplett übernommen. Emdelight – der Firmenname geht auf den Gründer Thomas Emde zurück – ist im Markt für sogenanntes Architekturlicht tätig – und illuminiert etwa den Turm der Frankfurter Commerzbank, das Gebäude der Alten Börse in Frankfurt oder den Tornado Tower in Doha/Katar. 18 Millionen Euro hat Emdelight mit seiner Lichtkunst zuletzt umgesetzt.

Die Firma Hess wurde 1948 von Willy Hess als Eisen- und Metallgießerei gegründet. Sein Sohn Jürgen Hess war gerade mal 23 Jahre alt, als er 1968 das Unternehmen mit damals acht Mitarbeitern übernahm. Heute sitzt Hess sen. dem Aufsichtsrat vor. Seit Sohn Christoph führt seit 2007 die Geschäfte. Die Umstellung vom Anbieter von Gussteilen hin zum Leuchtenhersteller begann Ende der 1970er Jahre. Die erste Altstadtleuchte des Unternehmens wurde in der Heimatstadt Villingen aufgestellt.