Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Und dann, im Sommer 2009, ein Zeitungsartikel: Die Center-Parcs-Gruppe, der französischen Kette Pierre et Vacances zugehörig, scheiterte mit Bauplänen nahe der mittelfränkischen Ortschaft Dennenlohe im Landkreis Ansbach an dem Widerstand von Umweltschützern. Der Oberbürgermeister las genau mit: „Jemand machte den Vorschlag, die sollten doch auf ein ehemaliges Militärgelände gehen.“ Da hat es bei Henle Klick gemacht.

 

Leutkirch hat vor der Nase die Muna, was die Abkürzung für die ehemalige Heeresmunitionsanstalt Urlau ist. Erschaffen von den Nazis zur Fertigstellung von Granaten sowie als Lager für Munition und chemische Waffen. Nach dem Krieg wurde die Anlage von der Bundeswehr und den US-Streitkräften weitergenutzt, bis sie 2007 aufgegeben wurde. Seitdem liegt das Areal als eingezäuntes faules Ei der Regionalentwicklung in der Landschaft: 180 halb abgebrochene Gebäude und Bunker, unbekannte Mengen von Munition sowie Altlasten einer ehemaligen Militärtankstelle in der Erde. Aber auch 21 Kilometer asphaltiertes Straßennetz – panzerfähig, versteht sich. Im Jahr 2007 kaufte die Firma Klenk Holz AG mit Sitz in Oberrot bei Schwäbisch Hall einen Großteil der Muna, um ein Großsägewerk zu bauen. Wenig später hat die Finanzkrise auch diesen Plan in Teile zerlegt.

Haser wird vom Journalisten zur Politfigur

Die Muna, erinnert sich der Leutkircher Raimund Haser, war für Kinder aller Nachkriegsgenerationen stets verbotene Zone gewesen. Haser, 40, ist Zeitzeuge und signifikante Wandelgestalt der Leutkircher Verhältnisse in einem: Er wuchs am Rand der Innenstadt auf, ging in die Banklehre, wurde Wirtschaftsredakteur der „Schwäz“, der sich an den Besuchen aller Ministerpräsidenten mit freute und dem vor den 60er-Jahre-Klos im veralteten sogenannten „rumänischen Flügel“ des Verlagshauses graute. Die alte Zeitungszentrale ist dank eines Investors inzwischen einer betreuten Altenwohnanlage gewichen. Ein „bissle weh“ tue ihm die Erinnerung an früher schon, sagt Haser beim Vorbeifahren.

Nach einer Zeit der Selbstständigkeit mit eigenem PR-Büro ist er im Juni 2015 bei der CDU-Delegiertenwahl zum Landtagskandidaten für den Wahlkreis Wangen/Illertal geworden. Das war ein Knaller und die direkte Fahrkarte in den Landtag. Nicht schlecht für einen, der im Allgäu noch als Jungspund durchgeht und vor allem erst 2014 in die Partei eingetreten ist. Ein gewisser Verjüngungswille der CDU mag dazu beigetragen haben. Haser hat seinen Drehsprung vom kritischen Journalisten zur konservativen Politfigur aber auch wirklich gut hingekriegt. Er sei einer, der „Blasmusik gut findet“, sagt er. Er selber macht Stubenmusik, spielt Gitarre, während sein Bruder, ein Banker, die Zither bedient. Anders als vermutlich früher, in den schwer intellektuellen Kreisen von Zentraljournalistenkollegen, kann er das nun endlich mit Lust eingestehen.