Programmatische Führung steht ja eigentlich nur dem Bundesvorsitzenden zu. Aber Lindner kann sich am Tag nach seinem Triumph derlei Respektlosigkeit herausnehmen. Er ist ja schon für viele in der Partei der gefühlte Vorsitzende, einzig Fraktionschef Rainer Brüderle ist eine ernsthafte Konkurrenz. Lindner sei „die Zukunft, ich bin die Vergangenheit“, sagt Kubicki. Rösler steht daneben, für Kubicki ist er offenbar weder noch. In diesem Moment wirkt Rösler wie ein Platzhalter, der weichen muss, wenn Lindner und Brüderle sich arrangieren sollten und den Zeitpunkt zum Sturz für gekommen ansehen.

 

Derzeit, so ist zu hören, liefe die Nachfolge auf Brüderle hinaus, dessen Motivlage unklar ist. Auch Brüderle lässt es zumindest an Respektlosigkeit gegenüber Rösler neuerdings nicht missen. Am Samstag sagte Brüderle: „Glaubwürdigkeit gewinnt man, indem man nicht wie Bambusrohre hin und her schwingt, sondern steht wie eine Eiche. Deswegen ist die Eiche hier heimisch und nicht das Bambusrohr.“ Rösler hatte sich bei seinem Amtsantritt selbst so charakterisiert: „Der Bambus wiegt sich im Wind und biegt sich im Sturm, aber er bricht nicht.“

Christian Lidner will in Düsseldorf bleiben

Der erst 33-jährige Lindner will dem Vernehmen nach noch nicht springen, er sieht seinen Platz in NRW. Weil er es den Wählern versprochen habe und weil es doch außerdem zunächst viel bequemer sei, von der gesicherten Position in Düsseldorf aus einem mittlerweile nahezu einflusslosem Rösler die politische Agenda zu diktieren. Ein Mitglied der Parteiführung geht deshalb davon aus, dass Rösler jetzt ein paar Wochen Zeit bleiben, in denen er hoffen muss, dass die FDP auch im Bund über die Fünfprozenthürde springt. Tut sie das nicht und bleiben Röslers persönliche Werte im Keller, dann werde das langsame Meucheln weitergehen: „Rösler soll mürbe gekocht werden.“