Nelly Eichhorns textile Sporttasche verkörpert vier Jahrzehnte Ost-West-Geschichte.

Stuttgart - Die Tasche ist in die Jahre gekommen. Sie repräsentiert mehr als 40 Jahre Ost-West-Geschichte und ist immer noch rege in Gebrauch. Nelly Eichhorn reist stets mit kleinem Gepäck – nämlich ihrer grauen Sporttasche. „Bei den Leuten, die so viel mitschleppen, frage ich mich immer, ob sie umziehen wollen“, sagt sie belustigt. 1991 gründete sie Nellys Puppentheater an der Charlottenstraße. Dort pflegt sie den Austausch mit osteuropäischen Künstlern auf vielfältige Art und Weise. Kürzlich reiste Nelly Eichhorn mit der Tasche nach Mallorca, um ihre hartnäckige Grippe auszukurieren. „Da passt alles rein“, behauptet die Besitzerin – auch für mehrere Wochen Kuba. Etwas verblasst ist zwar der rote Aufdruck, aber die Kunststoffwülste an den Nähten haben keinen einzigen Riss. Das spricht für die Qualität von „Made in Taiwan“, auch die Artikelnummer lässt sich noch lesen.

 

„Viele Leute wollten sie mir abkaufen“, erinnert sich Nelly Eichhorn an ihre Jugend in ihrer Heimat Georgien. Dort arbeitete sie in den 1970er Jahren als Reiseführerin. Eine Kollegin aus Österreich hatte ihr West-Jeans und T-Shirts mitgebracht – damals echte Preziosen im Osten. „Die Tasche kannst Du auch behalten, hatte sie gesagt“, erzählt Eichhorn. „Ich habe mit ihr die ganze ehemalige Sowjetunion bereist.“ 1975 waren in ihr alle Habseligkeiten, die sie für die Einreise in die DDR dabei hatte. 1989, kurz vor dem Mauerfall, durfte Eichhorn in den Westen ausreisen. Nur so viel wie in die Tasche passte, konnte sie mitnehmen. Und als sie mit ihren Kindern einige Zeit in den USA lebte, war sie natürlich auch immer gut gefüllt dabei.