Sechs Jahre lang reisten die Naturfotografen Kerstin Langenberger und Olaf Krüger durch die skandinavische Inselwelt und recherchierten. Über ihre Begegnungen mit Eisbären, Walrossen, Papageientaucher und die Menschen dort berichten sie in einem eindrucksvollen Multivisionsvortrag am Freitagabend, 4. März, in der Pauluskirche Zuffenhausen.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Zuffenhausen - Wenn der Eisbär ins Zelt schaut, könnte es zu unerwünschten Verwechslungen kommen: „Ein Mensch im Schlafsack sieht für den Bären aus wie eine Robbe. Und die passt in sein Beuteschema“, sagt Kerstin Langenberger. Derartige Begegnungen gehen in der Regel schlecht aus – meist für den Bären. „Jedes Jahr werden auf Spitzbergen ein bis zwei der Tiere erschossen“, sagt Langenberger. „Dass dort ein Mensch von einem Bären getötet wurde, ist glaube ich schon mehr als 18 Jahre her.“ Bei ihren Reisen durch die Arktis habe sie daher nicht allein, sondern in der Gruppe gezeltet. „Es gab immer eine Nachtwache, so dass man Bären schon früh sehen konnte“, erklärt die 34-Jährige. „Bilder von Eisbären werden meist von Schiffen aus gemacht – da ist man dem Bären überlegen“, sagt sie.

 

Die preisgekrönte Naturfotografin lebt seit zehn Jahren in Skandinavien an unterschiedlichen Orten. Gemeinsam mit dem Zuffenhäuser Fotografen Olaf Krüger hat sie den Vortrag „Insel des Nordens“ zusammengestellt, der am Freitagabend in der Pauluskirche zu sehen und zu hören ist. Sechs Jahre lang waren die beiden in den schönsten und wildesten Eilanden Nordeuropas unterwegs. Nun zeigen sie in Zuffenhausen ihre beeindruckenden Bilder aus Island, Grönland, den Lofoten, Färöer-Inseln und Spitzbergen.

„Der Vulkan schleudert Felsbrocken so groß wie Autos“

Island, das „sagenhafte Naturwunder aus Feuer und Eis“ zählt zu Langenbergers Lieblingsorten. „Wenn ich mich entscheiden müsste, wäre es Island.“ Sie spricht die Sprache, hat dort studiert und unter anderem 2010 den Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull als eine der ersten miterlebt und dokumentiert – zeitweise in einem Zelt innerhalb der Sperrzone und nur vier Kilometer vom Krater entfernt. „Felsbrocken so groß wie Autos hat es bis zu einem Kilometer weit geschleudert.“ Am Freitagabend werden neben Fotos auch Tonaufnahmen vom Ausbruch zu hören sein.

Auch Grönland haben die beiden bereist; größte Insel der Erde und Heimat der Inuit. Rund 55 000 Menschen leben dort – das sind weniger als in die Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena passen. Zum wiederholten Ziel der Fotografen gehört auch Spitzbergen, das arktische Eldorado für Tierfotografen aus aller Welt, wo Eisbären, Papageientaucher, Polarfüchse und zahlreiche andere seltene Arten zuhause sind.

Auf dem Inselstaat der Färöer, für seine Wetterkapriolen ebenso berühmt wie für seine Steilküsten, findet sich einer von Krügers Lieblingsplätzen dieser Welt: die Insel Mykines. Nur ein Dorf, keine Straßen, dafür Tausende Seevögel. „Es bietet sich eine faszinierende Vogelwelt, man kann die Macht der Natur hautnah erleben.“

Zu den ausgewählten Inseln der beiden gehören auch die Lofoten, gelegen vor der Küste Norwegens: Sie sind nicht nur das Zuhause von Dorschfischern, sondern auch ein wahres Paradies für Liebhaber des Nordlichts. „Die Lichtstimmung ist fantastisch“, sagt Krüger. Dass dort drei Monate des Jahres tagsüber Dunkelheit herrscht, sei nicht einfach auszuhalten, sagt Kerstin Langenberger, aber: „Der Nachthimmel mit seinen Sternen und das Polarlicht in allen Blautönen sind einzigartig.“

Eisbären, Walrosse und atemberaubende Natur

Für den neuen Vortrag fotografierte sie nicht nur den Ausbruch des isländischen Vulkans, sie arbeitete auch als Schlittenhundetrainerin und ließ sich ein Jahr lang in Spitzbergen zum Arctic Nature Guide ausbilden. Sie begegnete Eisbären und Walrossen und dokumentierte das längste Schlittenhunderennen in Europa.

Olaf Krüger wanderte wochenlang durch Hornstrandir, Islands rauen Norden, ehe er die atemberaubende Natur Ostgrönlands kennen lernte. Sie steht in krassem Gegensatz zu den ernüchternden Lebensumständen der Inuit. Auf den Färöer-Inseln besuchte er eines der legendären Grottenkonzerte des Komponisten Kristian Blak und ließ sich von der Fußballbegeisterung der Färinger anstecken. „Es ist kein 08/15-Vortrag, in dem Touri-Bilder gezeigt werden“, sagt der Zuffenhäuser. „Wir erzählen tolle, hintergründige Geschichten mit speziell dazu ausgewählter Musik, meist aus den Ländern, in denen die Bilder entstanden sind.“ Während die Aufnahmen gezeigt werden, erzählen die beiden abwechselnd von ihren Erlebnissen, dann folgt Musik, dann wieder Vortrag. In den vergangenen beiden Jahren haben laut Krüger mehr als 25 000 Menschen den Vortrag der beiden Fotografen besucht. „Wir wollen unsere Begeisterung für diese Inseln mit den Menschen teilen und die Besucher unserer Vorträge animieren, dort hinzugehen und den sanften Tourismus zu leben.“ Mit dazu gehören aber auch der kritische Blick und Themen wie Klimawandel, Umweltschutz und die Folgen des Tourismus. Das gefährlichste bei Reisen in der nordischen Wildnis sei übrigens nicht der Eisbär: „Es ist der Mensch, weil er oft nicht weiß, wie er mit der Natur umzugehen hat.“