Mit der Inbetriebnahme der neuen Linie Eins am 19. April 1986 wurde die alte Schleife in Rohr überflüssig. Um 12.59 Uhr verlies die letzte Bahn Rohr.

Vaihingen - Gefeiert wurde an diesem Tag an vielen Orten in Stuttgart. Nur in Rohr nicht. Die Uhr zeigte 12.59 Uhr, als am 19. April 1986 die letzte Straßenbahn die Haltestelle in Rohr für immer verlies. Die Schleife im Ortskern war für sechs Jahrzehnte die Endhaltestelle der Linie Eins gewesen, die von der SSB auch gern als Urlinie bezeichnet wird. Schließlich durchquerte sie die ganze Stadt, startete in Fellbach und führte über den Schlossplatz bis hoch nach Vaihingen. Dort wurden die ersten Waggons mit einer großen Feier am 23. April 1926 begrüßt, historische Fotos zeigen den Vaihinger Schillerplatz voller Menschen. Und jeder zweite Zug rollte von dort aus weiter bis nach Rohr.

 

Mit der Umstellung der alten Straßenbahn auf die neue Stadtbahn mit ihrer breiteren Spur und ihren neuen Trassen war diese Zeit aber vorbei. Während die Rohrer quasi abgenabelt wurden, verbesserte sich der öffentliche Nahverkehr für die Vaihinger vor 30 Jahren spürbar. Denn bereits drei Stunden früher, nämlich um 10 Uhr an besagtem 19. April, wurden am Vaihinger Bahnhof zwei geschmückte Bahnen mit Musik und einem Fest begrüßt.

Die erste Fahrt dauerte zwei Stunden

Wer freilich die erste Bahn nehmen wollte, musste viel Zeit mitbringen. Während eine Fahrt heute bis zur Lutherkirche in Fellbach nur 41 Minuten dauert, so betrug die Fahrzeit damals zwei Stunden. Aber nicht etwa Baustellen oder Defekte bei der Premiere brachten den Fahrplan durcheinandern, sondern Feste entlang der Strecke.

Den Beginn machte Vaihingen, wo die Ehefrau des damaligen Bezirksvorstehers Herbert Burkhardt einen der beiden dort wartenden und festlich geschmückten Wagen mit Vaihinger Apfelsaft taufte. Am Bihlplatz folgte die nächste Unterbrechung, als einige Heslacher einen Tisch aufs Gleis stellten und darauf Karten spielten. Das größte Fest wurde am Charlottenplatz gefeiert, wo der damalige Oberbürgermeister Manfred Rommel auf die einrollenden Bahnen wartete. Ein Fanfarenzug stoppte anschließend die Züge am Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt. Damit nicht genug, fanden sich an der Grenze zu Fellbach der damalige Oberbürgermeister Friedrich Wilhelm Kiel ein. Schließlich war Fellbach die erste Stadt, in der die neuen gelben Züge außerhalb Stuttgarts Halt machten.