Eigentlich sollte der Paternoster des Literaturhauses im Boschareal weiterhin fahren. Deswegen wurden die Mitarbeiter am Dienstag geschult. Doch nach der Einweisung ins sichere Paternosterfahren gab es eine schlechte Nachricht für die Mieter des Hauses.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Laune der Beschäftigten im Literaturhaus ist am Dienstagmorgen zunächst noch sehr gut gewesen. Sie traten zur Einweisung vorm Paternoster an, auf dass sie diesen Aufzug weiterhin benutzen dürfen. Die Einweisung schreibt eine Verordnung des Bundesarbeitsministeriums seit Montag vor. Nur wer eine solche erhalten hat, darf Paternoster nutzen. Mit der guten Laune war es am Nachmittag dann allerdings vorbei. Die Geschäftsführung der Hausverwaltungsfirma Concipio entschied, den Aufzug vorläufig stillzulegen – man könne nicht gewährleisten, dass keine nicht eingewiesenen Personen den Paternoster benutzen werden.

 

Obwohl sich dieses Problem schon bei Beginn der kurzen Schulung angedeutet hatte, durften die Mitarbeiter der Firmen im Haus diese noch durchlaufen. Die Haustechniker setzten den Umlaufaufzug dafür extra in Betrieb, wegen der neuen Verordnung war er am Montag abgeschaltet und mit Seilen abgesperrt worden. Uwe Jaksche von der Firma Thyssen Krupp, der die Regeln referierte, löste mit den Anweisungen einige Heiterkeitsanfälle bei den Teilnehmern der Schulung aus. Er konnte jedoch mit Beispielen belegen, dass es Gründe für die Verbote gibt: „Sie glauben nicht, was ich schon alles gesehen habe.“

Tiere dürfen nicht mitfahren

So konnte Jaksche bei Regel Nummer acht, die besagt wer oder was alles nicht im Paternoster auf und ab transportiert werden darf, drastische Beispiele nennen. Etwa beim Verbot, Tiere mitzunehmen: „Stellen sie sich vor, das Herrchen ist schon eingestiegen und der Hund beschließt aus irgendeinem Grund, er will nicht mit. Dann fährt die Kabine mit dem Herrchen und dem einen Ende der Leine los, am anderen Ende hängt der Hund noch dran. Was dann passiert, ist nicht schön, und ich habe das schon gesehen“, schilderte Uwe Jaksche.

Der Reihe nach erklärte er, wie man in die sich stetig bewegende Kabine einsteigt. Ein zügiger Schritt, wenn der Boden bündig mit der Kante des Aufzugs sei, bei einer Toleranz von plus/minus zehn Zentimetern, und der Einstieg ist geschafft. Doch dann geht es erst richtig los: am Handlauf festhalten und sich recht weit nach hingen stellen ist angesagt – und pro Kabine immer nur zwei Personen. Um so nahe wie möglich an die Rückwand zu kommen, soll man Rucksäcke absetzen. Das bei Kindern und Jugendlichen sowie jung gebliebenen Erwachsenen gleichermaßen als Mutprobe beliebte Unterfahren und Überfahren ist untersagt. Wer in der Kabine bleibt, wird zwar entgegen einem landläufigen Irrglauben nicht auf den Kopf gestellt. „Aber dort oben verlaufen schwere Ketten auf großen Zahnrädern, denen es ziemlich egal ist, wenn ein Finger dazwischen ist“, erläuterte Uwe Jaksche von Thyssen Krupp. Auch solle man bei einem Stillstand nicht auf die Idee kommen, nach oben oder unten aus der Kabine herauszuklettern.

Rollschuhfahrer sind schon aus der Kabine gerutscht

Plausibel klingt auch das Verbot von Inlineskates oder Rollschuhen sowie Skateboards aus dem Munde des Fachmanns: „Stellen Sie sich vor, jemand rollt los, wenn er schon fast ein Stockwerk hochgefahren ist. Dann rutscht er raus und knallt aus über zwei Metern Höhe auf den Boden – das hatten wir auch schon“, sagte Uwe Jaksch. Er habe bei Terminen an diversen Standorten zudem beobachtet, wie sich Kinder an die Vorderkante der Kabine setzen, um mit baumelnden Beinen loszufahren. „Da bin ich schnell zum Notausschalter gerannt, bevor die sich etwas einquetschten.“

Fast schon euphorisch war die Stimmung, als endlich alle Regeln bekannt waren. Denn nun kam ein Haustechniker und stellte den Umlaufaufzug im Literaturhaus wieder an. Allein oder in Zweiergrüppchen kehrten die Eingewiesenen in ihre Büros zurück – ahnend, dass dies vielleicht vorerst ihre letzte Fahrt mit dem lieb gewonnenen Transportmittel sein würde. Am Nachmittag bestätigte die Hausverwaltung mit Bedauern, was am Morgen schon befürchtet worden war: Nach den Aufzügen im Rathaus wird nun auch der Paternoster im Literaturhaus vorerst nicht mehr betrieben, weil er öffentlich zugänglich ist. Die Mieter hoffen nun, dass die von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) angekündigte Änderung bald kommt. Das Ministerium stellte in Aussicht, dass nach einer Novellierung der Vorschrift die Entscheidung an die zuständigen Behörden in den Bundesländern delegiert werden könnte.