Die Weinstube Klink, ein schwäbisches Kleinod, wurde aufgehübscht. Jetzt ist es immer noch sensationell, aber eine Spur zu teuer. Dafür überrascht ein Wein aus Degerloch als phänomenaler Begleiter durch den Abend.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Wirt Vicenzo Di Napoli war in der Weinstube Klink einst vor allem für den inflationären Gebrauch eines Begriffs bekannt: Das bescheidene „sensationell“ benutzte er Schätzungen zufolge 327 mal pro Minute. Unter Di Napolis Führung war in dem Degerlocher Lokal fast zehn Jahre alles sensationell: die Maultaschen, der Rostbraten, der Appetit sowieso. Heute sorgt Di Napoli in Zuffenhausen im Hirsch für sensationelle Abende.

 

In Degerloch haben seit September Thomas Brenner und seine Frau Marcela das Sagen. Nachdem die Weinstube neun Monate leer stand, haben die Brenners das kleine Lokal aufgehübscht. Die Inneneinrichtung des verwinkelten Kleinods ist neu. Im hinteren Bereich wartet ein eindrucksvoller Wirtshaustisch, durch eine Designer-Lampe gekonnt in Szene gesetzt, auf hungrige Gäste. Wichtigstes Einrichtungsdetail im ganzen Lokal: Die Tafel, auf der Thomas Brenner die tagesaktuellen Empfehlungen vermerkt hat. Die eigentliche Karte ist klein: Maultaschen in zwei Varianten, zwei Suppen und der Zwiebelrostbraten bilden die Basis, dazu gibt es kleine Snacks zum Wein. Auf der Tafel deutet sich an, dass Brenner nach seiner Ausbildung in der gehobenen Gastronomie Wanderjahre in Spanien und Argentinien absolviert hat. Die Tagesempfehlungen sind mit Hirsch und Wachtel in der Heimat verortet, punktuell lockt Brenner seine Gäste aber kulinarisch auch ans Mittelmeer.

Starker Start, nicht ganz so starke Hauptgerichte

Wir bleiben in Württemberg: Der Ackersalat mit gerösteten Kürbiskernen (5,30 Euro) ist ein feiner Start. Der Ziegenkäse von der Alb aus dem Ofen mit Salatbouquet (9 Euro) ist eine kleine Verheißsung. Leider können die beiden Hauptgerichte das Niveau nicht ganz halten. 22 Euro für einen Hirschrücken mit Serviettenknödel und Rotkrautsalat sind eine Ansage, vor allem wenn die Sauce für schwäbische Verhältnisse zu sparsam eingesetzt wird und die Portion ein wenig zu klein ist. Zum anderen liegt Thomas Brunner beim StZ-Zwiebelrostbratenindex (Größe des Fleischs plus Menge der Zwiebeln mal Zubereitungsgrad) ein wenig daneben: Das Fleisch für 19 Euro ist eine Spur zu klein, der Braten ist nicht wie gewünscht medium-rare, sondern mehr als medium.

Dass wir nicht in unsere Teller weinen müssen, liegt zum einen am entspannten Service von Brenner, der seine Gäste im blauen Kapuzenpulli bedient. Zum anderen an der vorzüglichen Wein-Begleitung. Die Flasche Cabernet Franc (Bernd Kreis, Rou-rou-rouge 2013, 35 Euro) stammt vom Degerlocher Scharrenberg, wurde also nur wenige Hundert Meter von der Weinstube entfernt angebaut und ist ein Knaller im Glas: ungeschwefelt, nicht zu stark und dennoch kein gefärbtes schwäbisches Wasser. Zum Nachtisch vervollständigen wir den flüssigen Themenabend Degerloch mit einem Christbirnen- und einem Zwetschgenbrand von Beilharz (3 Euro). Fazit: ein mit Abstrichen sensationeller Abend.