Lange Zeit war der Name Breitenbach ein Inbegriff für Gourmets, nun steht er für solide Wirtshausküche. Unsere drei Sterne für Küche und Service bedeuten immer noch ein Gut, ein gutes Gut sogar.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Die gute alte Zeit ist ein Mythos, auch in der deutschen Gastronomie, die heute besser ist als je zuvor. Dennoch kann man im Waldhorn davon schwärmen. Das liegt zum einen an der Location: Über alte Holzdielen geht es vorbei am Tresen in den Gastraum, in dem weiße Tischdecken, Hussen und kleine Deko-Elemente elegante Akzente setzen, die von gemustertem Retrogeschirr kontrastiert werden. Zum anderen aber liegt es an der Küche: Dort steht Benjamin Breitenbach nach Jahren im Heslacher Sternenhimmel und einem Zwischenspiel im Knote Sindelfingen seit Herbst 2013 mit beiden Beinen auf dem Boden.

 

Seine Partnerin Mareike Witt ist die Inhaberin des Waldhorns, gemeinsam mit Kind wohnen die Wirtsleute über ihrer Wirkungsstätte, die sie vom in den Ruhestand gegangenen Vorgänger übernommen haben.

Herrgottsbscheißerle ist fluffig

Der Druck der Sterneküche, in der täglich kreative Höchstleistungen abgerufen werden, ist nun dem Anspruch gewichen, alles allein zu machen. Denn Breitenbach wird nur von einer Küchenhilfe unterstützt – bei stets vollem Haus mit Mittagsbetrieb. Unser Testabend zeigt, dass – abgesehen von einem konzeptionellen Ausrutscher – die Qualität darunter nicht leidet. Der gebratene Schönbucher Ziegenfrischkäse (8,80 Euro) liegt auf einem nicht zu schwäbisch-streng marinierten Linsensalat und geht mild im Mund auf. Die Maultaschensuppe (4,90 Euro) ist kräftig, das selbst gemachte Herrgottsbscheißerle ist fluffig und geviertelt.

Als Hauptgericht nehmen wir pflichtbewusst den Rohrer Rostbraten vom Angus-Rind (19,80 Euro). Er ist auf Wunsch klassisch medium und nicht medium minus, wie es in der modernen Küche mit ihren fünf Garstufen für Fleisch üblich ist. Dazu gibt es ordentlich Röstzwiebeln, Soße und handgeschabte Spätzle – nur der Rahmwirsing hätte würziger sein können, aber das ist auch Geschmacksache.

Freude auf Mango-Sorbet mit Kiwisalat

Dies gilt heutzutage umso mehr für Béchamelsoße, die für uns ein Kaputtmacher der guten alten Zeit ist. Aber auch jenseits solch subjektiver Einwände müssen wir das vegetarische Hauptgericht als konzeptionellen Ausrutscher werten: „Kräuterflädle mit Tomaten- und Béchamelsoße und frischen Champions gefüllt“ (11,50 Euro), heißt es auf der Karte. Dass die Füllung ausnahmsweise aus Gemüse besteht, wurde uns gesagt, nicht aber, dass die Chose grundsätzlich zu einer Art zähen und faden Lasagne überbacken ist. Nach wenigen Happen freut sich die Begleitung auf ein Mango-Sorbet mit Kiwisalat (7,50 Euro).

Einen kleinen Punktabzug gibt es auch für den freundlichen Service, der trotz Erinnerung den Rotwein bis zum Ende des Hauptgangs vergisst – einen anständigen Lemberger vom Grafen Neipperg (5 Euro das Viertele); das Bier ist von Schönbuch Bräu. Insgesamt aber können wir sagen: Die drei Sterne für Küche und Service bedeuten immer noch ein Gut, ein gutes Gut sogar.

Die Bewertung