Die Stadt Ludwigsburg ist in puncto Sport ziemlich gut aufgestellt, findet Raphael Dahler, der neue Leiter des Fachbereichs Sport und Gesundheit. Allerdings sieht er auch Schwachpunkte – etwa bei der Präsentation der Angebote.

Ludwigsburg – - Seit wenigen Monaten leitet Raphael Dahler den neu geschaffenen Fachbereich Sport und Gesundheit der Stadt Ludwigsburg. Er lobt die gute Zusammenarbeit der Verwaltung mit den Vereinen und ist begeistert von der Infrastruktur. Allerdings fehlen ihm innovative Sportarten und neue Konzepte, um sportferne Bürger zur Bewegung zu motivieren.
Herr Dahler, Sie dürften sich bis jetzt noch den Blick von außen bewahrt haben. Finden Sie, dass sich Ludwigsburg zu Recht als Sportstadt bezeichnet?
Ja. Es gibt eine außergewöhnliche Förderung des Sports in der Stadt – und zwar nicht nur des Spitzen-, sondern auch des Breitensports. Die Infrastruktur mit den zahlreichen gut gepflegten Sporthallen und -plätzen ist ebenfalls hervorragend. Allein schon die Tatsache, dass es mehrere Lehrschwimmbecken für den Schulsport gibt, ist ungewöhnlich. Neben der Infrastruktur ist es für eine Sportstadt aber auch wichtig, dass sie prominente Aushängeschilder hat. Das ist in Ludwigsburg mit dem Basketball-Bundesligisten MHP-Riesen und dem erfolgreichen Tanzclub gegeben.
Einige der Sporthallen sind allerdings sanierungsbedürftig.
Dass es eine Sanierungsliste gibt, ist normal. Entscheidend ist, dass es in Ludwigsburg keinen Sanierungsstau gibt.
Zu einer Sportstadt gehört sicher auch der Fußball. Eine hochrangige Mannschaft gibt es hier aber nicht.
Der Fußball ist ein Sonderfall in Ludwigsburg. Ich sehe es nicht als Schwäche an, dass die Stadt keine hochrangige Fußballmannschaft hat, zumal der finanzielle Aufwand dafür enorm ist. Nicht ganz optimal ist es allerdings, dass die enorm vielen Teams in der Stadt – nächstes Jahr werden es wohl 20 sein – fast alle in der Kreisliga B spielen. Es wäre schön, wenn das etwas differenzierter wäre, schließlich wollen wir ein vielfältiges Angebot. Vielleicht ändert sich die Situation ja durch den neuen Stadtverbandstrainer für Fußball.
Sie regen mehr Kooperationen mit kommerziellen Sportanbietern an. Wie könnten diese denn aussehen?
Nur um das klarzustellen: ich möchte keinesfalls die Sportvereine schwächen, sie sind unser Partner Nummer eins. Und wir haben bereits eine ganz tolle Kommunikationsstruktur mit den Vereinen. Der Stadtverband für Sport ist ganz nah an der Verwaltung dran, es gibt einen regelmäßigen Austausch und eine sehr enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Kurz: hier kann man fast nichts verbessern. Mein Ziel ist es aber, dass die Sportlandschaft in Ludwigsburg ganzheitlich gesehen wird – und zu dieser gehören neben den Vereinen auch Individualsportler und eben kommerzielle Anbieter. Mir geht es nicht darum, diese finanziell zu stärken, sondern darum, sie auch als Teil der Sportszene zu begreifen.
Was bringt das?
Es ist sicher nicht Aufgabe der Stadt, Konkurrenzangebote ins Leben zu rufen. Aber wir wollen Impulse geben, die dazu führen können, dass Angebotslücken gefüllt werden. Ein gutes Beispiel ist unsere Aktion „Aktiv im Park“, die regelmäßig auf der Bärenwiese stattfindet. Dort wird ein Training angeboten, bei dem jeder ohne Anmeldung mitmachen kann. Diese Idee wurde nun von einem Physiotherapeuten aufgegriffen, er bietet jetzt zweimal die Woche ein Open-Air-Training auf dem Akademiehof an. Genau diesen Effekt wollen wir.
Sie sagen allerdings, dass es neue Sportarten nicht leicht haben in Ludwigsburg. Warum?
In der Tat sind neue Trendsportarten wie Ultimate Frisbee oder Parkour in Ludwigsburg kaum ein Thema. Das könnte aus meiner Sicht daran liegen, dass die Sportinfrastruktur in der Stadt schon zu etwa 90 Prozent ausgelastet ist – Hallen oder Plätze sind eigentlich nur noch zu unattraktiven Zeiten frei. Die etablierten Vereine sind als Platzhirsche natürlich versorgt, aber für neue Gruppen ist es schwierig, einen Trainingsort zu finden.
Eines der größten aktuell diskutierten Sportinfrastrukturprojekte in der Stadt ist der Sportpark Ost. Es gibt viele Ideen zur Gestaltung. Was ist aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Der Dreiklang von Wohnen, Grün und Sport ist ja beschlossen. Was den Sport betrifft, muss die vorhandene Fläche klug aufgeteilt werden. Wir brauchen Bereiche für den organisierten Sport, aber es ist auch wichtig, dass es Angebote für den nicht organisierten Sport gibt, also für Jogger, Skater oder Radfahrer. Ich kann mir ein sogenanntes Green Gym sehr gut vorstellen. Dafür werden Sportgeräte wie im Fitness-Studio aufgestellt – nur eben unter freiem Himmel. Entscheidend ist aber, dass das Gebiet letztlich zu einem richtigen Park wird, in dem sich die Bürger gerne aufhalten.
Sie wollen die Informationen über die Sportangebote in Ludwigsburg bündeln. Was haben Sie konkret vor?
Ich werde gerade an jeder Ecke von Leuten angesprochen, die Informationen über die Sportangebote in der Stadt suchen. Tatsächlich muss man sagen, dass bei der Darstellung auf der städtischen Homepage noch viel Luft nach oben ist – sie steht der hohen Qualität des Sports diametral entgegen. Klar ist, dass wir die Informationen bündeln wollen, damit die Leute beispielsweise im Internet nicht auf zig verschiedenen Vereinsseiten surfen müssen. Aber welche Kanäle wir zur Präsentation nutzen werden, ist noch unklar.
Sie haben viele Pläne für Ludwigsburg. Was ist die größte Herausforderung?
In Ludwigsburg sind nur etwa 27 Prozent der Einwohner in einem Sportverein organisiert – der landesweite Durchschnitt liegt aktuell bei etwa 32,5 Prozent. Den Organisationsgrad würde ich gerne steigern. Allerdings ist es nicht das Ziel, dass 100 Prozent der Ludwigsburger in einem Verein aktiv sind. Mit geht es darum, Menschen zu erreichen, die sich bislang noch nicht bewegen. Es ist durchaus auffällig, dass es wenig Angebote gibt, an denen Menschen mit Behinderung, Flüchtlinge oder Übergewichtige teilnehmen. Deshalb brauchen wir aufsuchende Angebote wie die Aktion „Aktiv im Park“ – dabei muss man sich dann allerdings gut überlegen, wo und wann diese stattfinden, damit sie die Zielgruppe erreichen.