Region: Verena Mayer (ena)


Die Ermittler kennen längst alle Scheideanstalten in Deutschland und Umgebung, von der Beute fehlt dennoch jede Spur. Sie kennen alle Hersteller und Händler von Handschellen, doch wer die Polizeiutensilien für den Überfall gekauft hat, finden sie nicht heraus. Trotzdem feiern sie im Januar den Durchbruch: Auf einer der Handschellen vom Tatort finden die Spurensucher DNA. Sie führen zu den "bösen Jungs" nach Nordrhein-Westfalen, wo die Polizei Anfang Februar bei Bonn zwei Männer verhaftet. Drei weitere macht sie im März nach einer Verfolgung über Abu Dhabi, Belgien, Litauen, die Ukraine und Russland schließlich im Nordirak ausfindig. Bis auf einen dieser fünf Männer zwischen 22 und 29 Jahren sind alle vorbestraft, teils einschlägig, wie die Staatsanwaltschaft mitteilt. "Eine bunte Mischung", nennt sie die Taten, vom Fahren ohne Führerschein und Betrug bis zu Raub und Körperverletzung.

"Die Schwaben sind fleißig", sagt Carsten Rubarth über die Arbeit der hiesigen Polizei. Der Anwalt aus Bonn vertritt einen der Angeklagten. Doch ob sich der Goldraub vom 15. Dezember tatsächlich so zugetragen hat, wie es die "EG Gold" rekonstruiert hat, und - falls ja - welcher Angeklagte welche Rolle spielte, müsse erst noch bewiesen werden. Die Angeklagten haben sich bis jetzt nicht zu den Vorwürfen geäußert - und werden es Rubarth zufolge wohl auch in der Verhandlung am Landgericht nicht tun. "Das ist eine schwierige Sache", sagt der Verteidiger, der in dem Fall eine moderne Inszenierung des "Hauptmann von Köpenick" sieht: "Treten Sie in Uniform vor einen Deutschen, und er tut, was Sie sagen."

Donald S. wurde eine Verhandlungsunfähigkeit attestiert


Rudolf Hanauer trägt eine blaue Strickweste über dem karierten Hemd. Sein Bart ist weiß, sein Gesicht rot. Vom Kopf her habe er die Geschichte verarbeitet, sagt der 67-Jährige. Doch jetzt, zum Prozess, komme alles wieder hoch. "Dass ich damals fertig war, ist ja klar", sagt er. Anfang November muss Hanauer als Zeuge aussagen. Auf Donald S., den prominentesten unter den Angeklagten, wird er in Stuttgart nicht treffen. Der ist so krank, dass der Prozess ohne ihn stattfindet. Dem Mann, der wegen des Fehlers eines Gutachters unschuldig im Gefängnis saß, wurde nun von einem weiteren Gutachter Verhandlungsunfähigkeit attestiert, dauerhaft. Seine eventuelle Beteiligung am Goldraub wird wohl nie geklärt werden.

Was Donald S. wie späte Gerechtigkeit erscheinen mag, hält Rudolf Hanauer für alles andere als gerecht. So könne ja jemand Straftaten begehen, ohne dass er sich verantworten müsse, schimpft er. Dass er sein gestohlenes Edelmetall je zurückbekommt, glaubt er nicht mehr. Er ist sicher, dass die Beute längst versetzt wurde. Seit dem Überfall beauftragt Hanauer eine Sicherheitsfirma mit dem Transport seiner Schätze nach Pforzheim. Dies sei nicht einmal sonderlich teuer und überdies steuerlich absetzbar. "Ich weiß gar nicht, warum ich das nicht schon früher gemacht habe."